Psychologie statt Soziologie? Zur Reduzierbarkeit sozialer Strukturen auf Verhalten

Eberlein und Kondratowitz verhandeln in diesem Essayband eine Grundfrage der Sozialwissenschaften: Ob die Komplexität sozialer Strukturen durch psychologische Mechanismen neue Deutungen gewinnt oder ob soziologische Strukturen selbstbewertet bleiben. Der Titel selbst markiert eine Spannung zwischen Psychologie und Soziologie, doch die Herausgeber verhandeln hier eher eine Methodenkritik als eine blosse Gegenüberstellung. Die Texte entfalten eine Skepsis gegenüber einfachen Reduktionen sozialer Phänomene aufs individuelle Verhalten, ohne den soziologischen Kontext ihrer Geltung zu verleugnen. Stattdessen wird eine Aufforderung sichtbar, analytische Kategorien kritisch zu prüfen, um affine Verwechslungen zu vermeiden. Die Argumentation greift nach einer Präzisierung der Begriffe, die den Blick von individuellen Handlungen auf die dispositiven Strukturen lenkt, die ihr Handeln erst möglich machen. In dieser Spannung zwischen Mikro- und Makroebene bleibt die Schrift ein Versuch, die Komplexität sozialer Ordnung gegen eine verengende Psychologisierung zu wappen. Der Band fungiert somit als Argumentationslabor, in dem theoretische Positionen gegeneinander abgewogen und an konkreten Denkmustern geprüft werden. Die Lektüre schärft das Bewusstsein dafür, dass Verhalten zwar bedeutsam ist, soziale Strukturen aber nicht allein durch psychische Determinanten erklärt werden können.