Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit [Gebundene Ausgabe] von
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Konrad Heiden (Autor)

Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit [Gebundene Ausgabe] von (2011)

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ISBN: 9783828909311 bzw. 3828909310, Band: 1, vermutlich in Deutsch, Weltbild, gebundenes Buch.

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Von Händler/Antiquariat, BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH.
Weltbild, 2011. 2011. Hardcover. 21,6 x 14,6 x 6 cm. Die erste bedeutende Hitler-Biographie Dieser Doppelband beinhaltet die beiden Bücher "Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit" und "Ein Mann gegen Europa". Erstmals in den Jahren 1936 und 1937 erschienen, schuf der jüdische Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden mit diesen engagiert-kritischen Werken die Basis für spätere Hitler-Biographien. Der erste Teil der Biographie umfasst die Jahre 1919 bis 1933. Der Züricher Verleger Emil Oprecht über Band 1: "Die schonungslose biographische und psychologische Durchleuchtung seiner (Adolf Hitlers) Gestalt allein gibt den Schlüssel für seine politschen Ziele, seine Ideen und damit das entscheidende Verständnis für das, was für die Welt auf dem Spiel steht." In Teil 2 (1933-1936) entlarvt Konrad Heiden Adolf Hitler als einen Gegner Europas, denn "er plant eine Herrschaft weniger Starker über die Masse der Schwachen und fördert darum die Auflösung des heutigen Europa, das zarte Keime eines künftigen europäischen Bundes enthält" Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (Konrad Heiden) [Gebundene Ausgabe] von Konrad Heiden Erster Teil - zum Menschen untauglichI. Heimat und HerkunftNationalhass in ÖsterreichIm Lande der Romantik ist Adolf Hitler geboren. Grün bricht und schäumt von Passau bis Linz die Donau durch schwarze Waldgebirge, weiss leuchten die Klöster und Schlösser von Oberösterreich, auf den Bergspitzen verwittern graue Ruinen. An diesem Strom, dessen Kultur ebenso alt, dessen Geschichte ebenso schwer ist wie die des Rheins, zogen Ostgoten und Hunnen entlang, Langobarden und Bajuvaren, Ungarn und Schwaben, Kreuzfahrer und Türken, Schweden, Franzosen, die deutschen Feldgrauen des Weltkriegs. Ritterliche Sänger schrieben hier im 12. Jahrhundert die verschallenden Sagen der Völkerwanderung in herrlichen Rhythmen aufs Pergament und bewahrten im Liede dem Waldstromland den leuchtenden Namen der Nibelungenstrasse. Im 16. Jahrhundert tränkte der Adel das Land mit rebellischem Bauernblut; Köpfe flogen auf den Rasen, Eingeweide wurden an Baumstämme genagelt.Dome und Lustschlösser liegen über dem ernsten Antlitz des Landes wie ein Lächeln aus weissem, zartem Stein; während die Maurer an ihnen klopften, trieben die Reisigen des Bischofs Tausende von Landeskindern um ihres protestantischen Glaubens willen aus der Heimat. Im 18. Jahrhundert schossen die Grenadiere der Häuser Habsburg und Wittelsbach um dieses Erdenflecks willen einander tot; Habsburg siegte. Im 19. Jahrhundert entsteht längs der Donau jenes düster-elegante Kolonialreich, österreichisch-ungarische Monarchie genannt, das der Welt den Wiener Walzer und den Weltkrieg schenkte und 1918 in Atome zersprang. Eine absolute Fürstenherrschaft über sechs grosse und mehrere kleine Völker, in Abstammung, Sprache, Gesinnung und Kulturgrad voneinander ganz verschieden, die entweder einander beherrschten oder sich voneinanderbefreien wollten. Die Fortgeschrittensten dieser Nationen, Deutsche und Tschechen, stritten in den älteren Teilen Österreichs um die Vorherrschaft; das Herrscherhaus und die hohe Bürokratie drängten den ursprünglich überwiegenden deutschen Einfluss zugunsten der aufstrebenden tschechischen Nation etwas zurück, ohne den tschechischen natürlichen Wünschen gerecht werden zu können. So wuchs ein erbitterter deutscher Nationalhass im alten Nibelungenland, in Oberösterreich und in der Wachau gegen das dem Deutschtum sich entfremdende Herrscherhaus, gegen die ganze österreichische Monarchie und namentlich auch gegen die mit ihr innig verbündete katholische Kirche hoch. Die »Los-von-Rom«-Bewegung des Ritters Georg von Schönerer und seines Genossen Wolf ergriff das gebildete Bürgertum; sie begeisterte sich an dem unter Bismarck und den Hohenzollernkaisern machtvoll aufsteigenden Nachbarreich, verlangte die Auflösung der Habsburger Monarchie und den Anschluss ihrer deutschen Teile an das Deutsche Reich. Mit Neid sieht das österreichische Bürgertum die Wirtschaftsblüte des Reichs unter den Hohenzollernkaisern, die machtvollen Schritte der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt; mit Neid sehen die Fabrikanten von Reichenberg und Steyr Deutschlands gewinnreiche Seeschiffahrt, die geschäftereiche Kolonialpolitik und die Staatsgelder, die auf dem Wege über diese Wirtschaftszweige an tüchtige Kaufleute fliessen. So hat das mächtig sich regende Nationalgefühl der Deutschen Österreichs eine gutgefütterte Unterlage; doch setzt sich oft genug der nationale Hass über alle wirtschaftlichen Berechnungen weg, namentlich im heftigen Streit der Deutschen und Tschechen. Wie immer sind diese Gefühle am stärksten bei den mittleren Schichten, weniger beim national sehr gemischten Proletariat, gar nicht beim hohen Adel. Die Turnerbünde und Schützengilden, die Mittelschulen und Sängerfeste hegen diesen Nationalismus, und beim nächtlichen Gelage auf weinlaubumrankter Terrasse an der Donau singt ein alter Herr mit goldener Brille:Und rinnt von des Römers blinkendem Rand der letzte Tropfen vom Alten, dann ruf ich: Wachau, du mein heimatlich Land, bleibst deutsch uns ewig erhalten!Zu den kleinen Nationen der Monarchie gehörten die Juden, die in einigen Teilen des Landes in geschlossenen Siedlungen und grosser Rückständigkeit lebten; oft mit einer eigentümlichen, ganz uneuropäischen Geistesbildung. In den deutschen und tschechischen Landesteilen assimilieren sie sich schneller und steigen zum Beispiel in Prag zu einer hohen und feinen Kultur auf, geradezu Vorbild und Beispiel ihrer Umgebung; in Galizien bleiben sie der alte Ghetto-Typ. In Wien vereinigen sich diese verschiedenen Kulturgrade zu einem nicht durchweg erfreulichen Gemenge. In Handel und Gewerbe, vielleicht noch mehr in Presse und Literatur erlangt nicht der Jude an sich, sondern ein bestimmter jüdischer Bildungs-Typ zeitweise übermässigen Einfluss, denn diese weit Herumgekommenen kennen die Bedürfnisse aller Schichten und Nationen des Reichs. In dem unruhigen Völkergemisch werden die Juden von keiner Nation endgültig angezogen, wechseln herüber und hinüber, erhalten aus den Ghetto-Siedlungen Galiziens immer wieder Nachschub mit ausgeprägten Nationalzügen und assimilieren sich aus all diesen Gründen als Ganzes langsamer als in anderen Ländern. So entsteht eine von allen Nationen Österreichs gehetzte Zwischenschicht, überwiegend proletarisch, mit wohlhabenden, beneideten und verlästerten Spitzen.Auch die »Los-von-Rom«-Bewegung war scharf antisemitisch; sie erklärte das Judentum für das Symbol jenes österreichischen Völkergemenges, in dem das Deutschtum zugrunde gehe. Dieser Antisemitismus des 19. Jahrhunderts war in Österreich ebenso wie in Deutschland eine absolute Angelegenheit der bürgerlichen Oberschicht, die wiederum geistige Anleihen beim Adel machte und mit ihrer Judenfeindschaft unbewusst feudalen Zwecken diente. Denn der Jude war das Sinnbild der bürgerlichen Emanzipation; jüdische Intellektuelle halfen jene politischen Klassenschranken zerschlagen, mit denen der Feudalismus den Aufstieg des Bürgertums gehemmt hatte. Der Antisemitismus sickert von oben nach unten. Als Adolf Hitler geboren wurde, war er noch nicht bei den Bauern und Kleinbürgern, geschweige denn bei den Proletariern angelangt; Hitlers Vater hätte, wie der Sohn selbst bezeugt, im Antisemitismus ein Zeichen von Unbildung gesehen - mit Recht, denn er verfolgt die Opfer statt der Ursachen eines Übels.Die Vorfahren.Adolf Hitlers Vater ist der uneheliche Sohn einer armen Bauernmagd. Die merkwürdigen Familienverhältnisse Hitlers mag die nebenstehende Stammtafel, die sich zum Teil auf Forschungen des Wiener Genealogen Karl Friedrich von Frank, aber auch auf sonstige Nachforschungen in Kirchenbüchern stützt, etwas verdeutlichen. Dieses Bruchstück einer Ahnentafel zeigt, wie die heutige Namensform Hitler aus einem Sammelsurium verschiedener Klänge und Schreibungen erst sehr spät herauswächst. Es gibt erwiesenermassen viele jüdische Hitlers, und die Ähnlichkeit des sonst seltenen Namens hat zur Suche nach einem jüdischen Einschlag in der Familiengeschichte verleitet. Es ist ein Irrtum. Man hat eine angebliche jüdische Grosstante Adolf Hitlers in einer Klara Hitler feststellen wollen, die am 12. Oktober 1821 von jüdischen Eltern im böhmischen Polna geboren wurde, in Wien getauft worden sei und dann in Spital in Niederösterreich gelebt haben soll. Aber der Aufenthalt dieser Klara Hitler in Spital ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, dass die Grossmutter Adolfs, Johanna Hütler, die Tochter eines katholischen Bauern Johann von Nepomuk Hütler aus Spital war. Die Namensähnlichkeit bleibt immerhin auffällig; auffällig bleibt weiter, dass Spital und Polna verhältnismässig nahe beieinanderliegen; auffällig bleibt schliesslich, dass der Name grade auf der Wanderung von Walterschlag nach Spital sich aus Hiedler in Hüttler verwandelt - denn grade dies ist auch die Form, in der der Name auf dem Grabstein einer Rosalie Müller, geb. Hüttler auf dem jüdischen Friedhof in Polna vorkommt. Auf Gräbern der jüdischen Abteilung des Zentralfriedhofs in Wien heisst es dann bereits Hitler - die Namensform hat sich also in der christlichen wie der jüdischen Familie parallel entwickelt. Welcher Art diese auch sonst oft beobachtete Namensparallelität ist; ob sie einfach aus örtlicher Nachbarschaft sich erklärt oder auf eine bis jetzt nicht geklärte Beziehung hinweist, wäre leichter zu sagen, wenn die Bedeutung des Namens klarer wäre. Man hat die jüdische Form von Hut (Hitler gleich Hütelmacher), die christliche von Hütte abgeleitet; ein tschechisches Hidlar wurde vermutet, und ein in Hitlers Heimat wohnender Privatforscher führt den Namen auf einen Hüter oder Hirten (wenn man also will: Führer) zurück. Erwähnt sei, dass unter Hitlers Ahnen väterlicherseits im 17. Jahrhundert ein Bauer namens Johann Salomon in Nieder-Plöttbach (Bezirk Zwettl, Niederösterreich) vorkommt; er ist Adolf Hitlers Ururururgrossvater. Im Gegensatz zur väterlichen zeigt die mütterliche Abstammungslinie Adolf Hitlers die Merkmale einer festen Ruhe. Der Name bleibt von seinem ersten Auftauchen an unverändert bei der Form Pölzl, und bis zur Mutter Adolf Hitlers hinab sitzen diese Ahnen vier Generationen lang unverrückt auf dem Bauernanwesen Nr. 37 in Spital.Ganz anders die fast vagantenhafte Unbeständigkeit der väterlichen Linie. Nicht nur der Name zuckt hin und her; auch der Wohnsitz wechselt in drei Generationen dreimal: Walterschlag, Spital, Strones, Leonding. Die Lebensgeschichte der einzelnen ist tatsächlich bewegt und zeugt von innerer Unrast. Johann Georg Hiedler, der Grossvater des späteren Reichskanzlers, verbringt sein Leben an verschiedenen Orten Niederösterreichs bald als »Bestandmüller«, das heisst Mühlenpächter, bald als »vazierender Müllersgesell«. 1824 heiratet er zum ersten Mal, fünf Monate nach der Eheschliessung wird ein Sohn geboren; Mutter und Kind sterben im Wochenbett (Traubuch, Taufbuch und Sterbebuch des Pfarramts Hoheneich bei Gmünd, Niederösterreich). Dreizehn Jahre später finden wir diesen Hiedler als Müller in Döllersheim, ebenfalls im Bezirk Gmünd. Im benachbarten Strones gebiert die Bauerntochter Anna Maria Schicklgruber am 7. Juni 1837 einen Sohn namens Alois. Fünf Jahre später heiratet die Siebenundvierzigjährige in der Pfarrkirche von Döllersheim den fünfzigjährigen Johann Georg Hiedler, der laut Traubuch der Pfarre Döllersheim damals als »Mütergesell« in Dürenthal lebt. 1847 stirbt Maria Anna Hiedler in Strones. Die Spur Johann Georg Hiedlers verliert sich dann auf Jahrzehnte; Alois trägt jedenfalls nicht seinen Namen, sondern den Mädchennamen der Mutter: Schicklgruber.Alois Schicklgruber-Hitler.Wenn die Abstammung dieses Kindes Alois von Georg Hiedler nach den äusseren Umständen nicht ganz sicher ist, so ist sie aus inneren Gründen wahrscheinlich. Die Unrast im Leben Georg Hiedlers wiederholt und steigert sich in Alois. Wie Georg Hiedler verlässt dieser den Bereich bäuerlicher Lebensführung und sucht nach einer Art Aufstieg. Georg Hiedlers Lebensbahn verliert sich in den späteren Jahrzehnten im Dunkel; Alois findet in dem ersehnten Beamtenberuf anscheinend nicht die volle Befriedigung und bricht diese Laufbahn auffallend früh ab. Dann wandert er unruhig von Ort zu Ort, kauft und verkauft rastlos immer aufs neue bald da, bald dort eine kleine Besitzung. Dreimal ist er verheiratet. Er wächst in Spital auf, wo der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler, als Bauer lebt. Bei einem gewissen Ledermüller lernt er dort das Schuhmacherhandwerk. Eine kleine Anekdote hat sich erhalten: Der junge Mensch habe eines Tages seine Geldbörse samt seinem ganzen Taschengelde, nämlich einen Kreuzer, wütend aus dem Fenster geworfen und gerufen, wenn er schon nicht mehr Geld habe, brauche er auch den Kreuzer nicht. In Wien arbeitete er eine Zeitlang als Schuhmacher. Dann werden die Daten genauer: sein Personalakt als Beamter liegt vor. 1855 trat er in Saalfelden im Lande Salzburg in den Finanzwachtdienst ein, 1864 erreichte er im Avancement einen Posten, der als bürgerliche Sicherung gelten konnte: Er wurde provisorischer Amtsassistent der 11. Dienstklasse beim Hauptzollamt in Braunau am Inn. Elf Tage nach der Beförderung heiratete er zum ersten Mal, und zwar ein Mädchen aus seinem Vorgesetztenkreise: die Adoptivtochter Anna des Zolleinnehmers Josef Hoerer in Radstadt, geboren als Tochter des Steuerbeamten Josef Glasl in Theresienfeld. Spätere Altersfreunde Alois Hitlers in Leonding wollen von ihm gehört haben, die neuen Schwiegereltern seien wohlhabend gewesen und hätten ihm eine behaglichere Lebensführung ermöglicht. Anna Glasl-Hoerer war 1823 geboren, also vierzehn Jahre älter als ihr Gatte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Personalakt wurde sie nach sechzehnjähriger Dauer am 7. November 1880 durch das Bezirksgericht Braunau geschieden.Mündliche Angaben von alten Leuten in Braunau füllen diese Daten mit etwas Leben. Die Angaben über das Naturell Alois Hitlers schwanken; die einen nennen ihn freundlich und gefällig; die andern zugeknöpft und etwas mürrisch. Jedenfalls sei er bildungshungrig und »in Wort und Schrift sehr bewandert« gewesen. Die Mittel der Adoptivschwiegereltern hätten ihm ein gewisses gesellschaftliches Auftreten, so wie den Luxus von Büchern und Reisen ermöglicht.Um seiner kinderlosen und leidenden Frau Zerstreuung und Hilfe zu verschaffen, nahm Alois Schicklgruber das Töchterchen einer Cousine, die kleine Klara Pölzl, ins Haus. Das Mädchen wurde allgemein als Tochter der Familie betrachtet und hiess nach Alois Schicklgrubers Namensänderung das »Hitler Klarerl«.Im Jahre 1876 änderte nämlich Alois Schicklgruber seinen Namen in Hitler. Über diesen Vorgang liegen mehrere Dokumente vor, von denen das interessanteste eine Auskunft des Ordinariats von St. Pölten vom 29. März 1932 ist. Wie sich aus dem dortigen Archiv ergibt, meldete sich am 6. Juni 1876 beim Notariat in Weitra Georg Hitler (so lautet jetzt die Schreibweise); der Mann also, über den seit 1842 keine Daten mehr vorliegen, dessen seitherige Lebensschicksale, ja dessen Sterbetag und -ort bisher nicht ermittelt werden konnten; nur dass er 1883 bereits tot war, geht aus einem anderen Dokument hervor. Dieser vierundachtzigjährige Greis erklärte vor dem Notar in Weitra vor drei Zeugen namens Rameder, Breireneder und Pautsch, er sei der Vater des am 7. Juni 1837 geborenen ausserehelichen Kindes Alois Schicklgruber. Warum er diese Legitimierung seinerzeit bei der Eheschliessung mit der Mutter unterliess, ist aus den verschiedenen Aktenstücken nicht zu erkennen. Unter welchen Umständen sie dann 1876 erfolgte, was für ein Leben Georg Hiedler damals führte, wie er mit seinem Sohne stand und was ihn zu dieser späten Legitimierung veranlasste, darüber schweigen die Dokumente gleichfalls. Die eigentliche Rechtskraft erhielt der Legitimierungsakt im Pfarramt zu Döllersheim, dem Georg Hiedlers notarielle Erklärung von Weitra aus zugeschickt wurde. Dort schreibt der Pfarrer Josef Zahnschirm, auf eine etwas unordentliche und später zu Zweifeln Anlass gebende Art, Alois Schicklgruber am 23. November 1876 im Taufbuch auf Alois Hitler um. Rechtlich war der ganze Vorgang die Nachholung eines Aktes, der schon bei der Eheschliessung 1842 hätte erfolgen sollen und offenbar aus Nachlässigkeit unterblieb; in der Amtssprache heisst er legitimatio pier matrimonium subsequens. Was die Akten verschweigen, müssen die Mitlebenden bekunden. Nach den Erinnerungen eines Altersfreundes von Alois Hitler in Leonding war die Ursache der Namensänderung eine Erbschaftsangelegenheit. Der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler in Spital, also Alois Hitlers Onkel und überdies der Grossvater seiner späteren dritten Frau, hatte nur zwei Töchter, wollte aber, dass der Name nicht aussterbe. Er machte die Namensänderung zur Bedingung eines Legats, das er dem Neffen aussetzte.Merkwürdige Familie.Die Ehe Alois Hitlers mit der um vierzehn Jahre älteren Frau muss für beide Teile nicht leicht gewesen sein, zumal da die Frau immer kränker wurde. Alois Hitler beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Gasthausköchin namens Franziska Matzelsberger. Darauf die Scheidung von der ersten Gattin, nach damaligem österreichischem Recht nur Scheidung von Tisch und Bett, die das Eingehen einer neuen Ehe nicht ermöglicht. Frau Anna Hitler bezieht eine eigene Wohnung, die zwanzigjährige Ziehtochter Klara Pölzl verlässt das Haus und geht nach Wien in Stellung. Franziska Matzelsberger führt Alois Hitler die Wirtschaft und gebiert ihm, noch zu Lebzeiten der ersten Gattin, am 13. Januar 1882 einen Sohn, der den Taufnamen Alois und später durch Legitimierung den Familiennamen Hitler erhält. Nach dem Tode der ersten Gattin - sie stirbt am 6. April 1883 an »Auszehrung« - heiratet Alois Hitler bereits am 22. Mai 1883 Franziska Matzelsberger; am 28. Juli des gleichen Jahres kommt eine Tochter Angela zur Welt. Von den Kollegen Alois Hitlers und ihren Frauen wird die neue Gattin gesellschaftlich geschnitten. Nach kurzer Ehe erkrankt auch Franziska Hitler an einem Lungenleiden und stirbt am 10. August 1884, laut Totenschein an Tuberkulose.Die letzten Lebensmonate hatte sie in dem Ort Ranshofen in der Nähe von Braunau verbracht. Während dieser Zeit war die Ziehtochter Klara Pölzl aus Wien zurückgekommen und hatte Alois Hitler das Haus geführt. Ein halbes Jahr nach dem Tode der zweiten Frau, am 7. Januar 1885, heiratete Alois Hitler die dritte.Klara Pölzl war nicht nur die Ziehtochter ihres neuen Gatten, sondern auch die Tochter einer Cousine. Das war nach kirchlichem Recht »Seitenverwandtschaft im dritten Grad, berührend den zweiten«; ein bischöflicher Dispens war zur Eheschliessung nötig. Wir werden im Leben Adolf Hitlers einen Vorgang kennen lernen, der etwas an des Vaters dritte Ehe erinnert. 0.
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Weltbild, 2011. 2011. Hardcover. 21,6 x 14,6 x 6 cm. Die erste bedeutende Hitler-Biographie Dieser Doppelband beinhaltet die beiden Bücher "Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit" und "Ein Mann gegen Europa". Erstmals in den Jahren 1936 und 1937 erschienen, schuf der jüdische Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden mit diesen engagiert-kritischen Werken die Basis für spätere Hitler-Biographien. Der erste Teil der Biographie umfasst die Jahre 1919 bis 1933. Der Züricher Verleger Emil Oprecht über Band 1: "Die schonungslose biographische und psychologische Durchleuchtung seiner (Adolf Hitlers) Gestalt allein gibt den Schlüssel für seine politschen Ziele, seine Ideen und damit das entscheidende Verständnis für das, was für die Welt auf dem Spiel steht." In Teil 2 (1933-1936) entlarvt Konrad Heiden Adolf Hitler als einen Gegner Europas, denn "er plant eine Herrschaft weniger Starker über die Masse der Schwachen und fördert darum die Auflösung des heutigen Europa, das zarte Keime eines künftigen europäischen Bundes enthält" Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (Konrad Heiden) [Gebundene Ausgabe] von Konrad Heiden Erster Teil - zum Menschen untauglichI. Heimat und HerkunftNationalhass in ÖsterreichIm Lande der Romantik ist Adolf Hitler geboren. Grün bricht und schäumt von Passau bis Linz die Donau durch schwarze Waldgebirge, weiss leuchten die Klöster und Schlösser von Oberösterreich, auf den Bergspitzen verwittern graue Ruinen. An diesem Strom, dessen Kultur ebenso alt, dessen Geschichte ebenso schwer ist wie die des Rheins, zogen Ostgoten und Hunnen entlang, Langobarden und Bajuvaren, Ungarn und Schwaben, Kreuzfahrer und Türken, Schweden, Franzosen, die deutschen Feldgrauen des Weltkriegs. Ritterliche Sänger schrieben hier im 12. Jahrhundert die verschallenden Sagen der Völkerwanderung in herrlichen Rhythmen aufs Pergament und bewahrten im Liede dem Waldstromland den leuchtenden Namen der Nibelungenstrasse. Im 16. Jahrhundert tränkte der Adel das Land mit rebellischem Bauernblut; Köpfe flogen auf den Rasen, Eingeweide wurden an Baumstämme genagelt.Dome und Lustschlösser liegen über dem ernsten Antlitz des Landes wie ein Lächeln aus weissem, zartem Stein; während die Maurer an ihnen klopften, trieben die Reisigen des Bischofs Tausende von Landeskindern um ihres protestantischen Glaubens willen aus der Heimat. Im 18. Jahrhundert schossen die Grenadiere der Häuser Habsburg und Wittelsbach um dieses Erdenflecks willen einander tot; Habsburg siegte. Im 19. Jahrhundert entsteht längs der Donau jenes düster-elegante Kolonialreich, österreichisch-ungarische Monarchie genannt, das der Welt den Wiener Walzer und den Weltkrieg schenkte und 1918 in Atome zersprang. Eine absolute Fürstenherrschaft über sechs grosse und mehrere kleine Völker, in Abstammung, Sprache, Gesinnung und Kulturgrad voneinander ganz verschieden, die entweder einander beherrschten oder sich voneinanderbefreien wollten. Die Fortgeschrittensten dieser Nationen, Deutsche und Tschechen, stritten in den älteren Teilen Österreichs um die Vorherrschaft; das Herrscherhaus und die hohe Bürokratie drängten den ursprünglich überwiegenden deutschen Einfluss zugunsten der aufstrebenden tschechischen Nation etwas zurück, ohne den tschechischen natürlichen Wünschen gerecht werden zu können. So wuchs ein erbitterter deutscher Nationalhass im alten Nibelungenland, in Oberösterreich und in der Wachau gegen das dem Deutschtum sich entfremdende Herrscherhaus, gegen die ganze österreichische Monarchie und namentlich auch gegen die mit ihr innig verbündete katholische Kirche hoch. Die »Los-von-Rom«-Bewegung des Ritters Georg von Schönerer und seines Genossen Wolf ergriff das gebildete Bürgertum; sie begeisterte sich an dem unter Bismarck und den Hohenzollernkaisern machtvoll aufsteigenden Nachbarreich, verlangte die Auflösung der Habsburger Monarchie und den Anschluss ihrer deutschen Teile an das Deutsche Reich. Mit Neid sieht das österreichische Bürgertum die Wirtschaftsblüte des Reichs unter den Hohenzollernkaisern, die machtvollen Schritte der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt; mit Neid sehen die Fabrikanten von Reichenberg und Steyr Deutschlands gewinnreiche Seeschiffahrt, die geschäftereiche Kolonialpolitik und die Staatsgelder, die auf dem Wege über diese Wirtschaftszweige an tüchtige Kaufleute fliessen. So hat das mächtig sich regende Nationalgefühl der Deutschen Österreichs eine gutgefütterte Unterlage; doch setzt sich oft genug der nationale Hass über alle wirtschaftlichen Berechnungen weg, namentlich im heftigen Streit der Deutschen und Tschechen. Wie immer sind diese Gefühle am stärksten bei den mittleren Schichten, weniger beim national sehr gemischten Proletariat, gar nicht beim hohen Adel. Die Turnerbünde und Schützengilden, die Mittelschulen und Sängerfeste hegen diesen Nationalismus, und beim nächtlichen Gelage auf weinlaubumrankter Terrasse an der Donau singt ein alter Herr mit goldener Brille:Und rinnt von des Römers blinkendem Rand der letzte Tropfen vom Alten, dann ruf ich: Wachau, du mein heimatlich Land, bleibst deutsch uns ewig erhalten!Zu den kleinen Nationen der Monarchie gehörten die Juden, die in einigen Teilen des Landes in geschlossenen Siedlungen und grosser Rückständigkeit lebten; oft mit einer eigentümlichen, ganz uneuropäischen Geistesbildung. In den deutschen und tschechischen Landesteilen assimilieren sie sich schneller und steigen zum Beispiel in Prag zu einer hohen und feinen Kultur auf, geradezu Vorbild und Beispiel ihrer Umgebung; in Galizien bleiben sie der alte Ghetto-Typ. In Wien vereinigen sich diese verschiedenen Kulturgrade zu einem nicht durchweg erfreulichen Gemenge. In Handel und Gewerbe, vielleicht noch mehr in Presse und Literatur erlangt nicht der Jude an sich, sondern ein bestimmter jüdischer Bildungs-Typ zeitweise übermässigen Einfluss, denn diese weit Herumgekommenen kennen die Bedürfnisse aller Schichten und Nationen des Reichs. In dem unruhigen Völkergemisch werden die Juden von keiner Nation endgültig angezogen, wechseln herüber und hinüber, erhalten aus den Ghetto-Siedlungen Galiziens immer wieder Nachschub mit ausgeprägten Nationalzügen und assimilieren sich aus all diesen Gründen als Ganzes langsamer als in anderen Ländern. So entsteht eine von allen Nationen Österreichs gehetzte Zwischenschicht, überwiegend proletarisch, mit wohlhabenden, beneideten und verlästerten Spitzen.Auch die »Los-von-Rom«-Bewegung war scharf antisemitisch; sie erklärte das Judentum für das Symbol jenes österreichischen Völkergemenges, in dem das Deutschtum zugrunde gehe. Dieser Antisemitismus des 19. Jahrhunderts war in Österreich ebenso wie in Deutschland eine absolute Angelegenheit der bürgerlichen Oberschicht, die wiederum geistige Anleihen beim Adel machte und mit ihrer Judenfeindschaft unbewusst feudalen Zwecken diente. Denn der Jude war das Sinnbild der bürgerlichen Emanzipation; jüdische Intellektuelle halfen jene politischen Klassenschranken zerschlagen, mit denen der Feudalismus den Aufstieg des Bürgertums gehemmt hatte. Der Antisemitismus sickert von oben nach unten. Als Adolf Hitler geboren wurde, war er noch nicht bei den Bauern und Kleinbürgern, geschweige denn bei den Proletariern angelangt; Hitlers Vater hätte, wie der Sohn selbst bezeugt, im Antisemitismus ein Zeichen von Unbildung gesehen - mit Recht, denn er verfolgt die Opfer statt der Ursachen eines Übels.Die Vorfahren.Adolf Hitlers Vater ist der uneheliche Sohn einer armen Bauernmagd. Die merkwürdigen Familienverhältnisse Hitlers mag die nebenstehende Stammtafel, die sich zum Teil auf Forschungen des Wiener Genealogen Karl Friedrich von Frank, aber auch auf sonstige Nachforschungen in Kirchenbüchern stützt, etwas verdeutlichen. Dieses Bruchstück einer Ahnentafel zeigt, wie die heutige Namensform Hitler aus einem Sammelsurium verschiedener Klänge und Schreibungen erst sehr spät herauswächst. Es gibt erwiesenermassen viele jüdische Hitlers, und die Ähnlichkeit des sonst seltenen Namens hat zur Suche nach einem jüdischen Einschlag in der Familiengeschichte verleitet. Es ist ein Irrtum. Man hat eine angebliche jüdische Grosstante Adolf Hitlers in einer Klara Hitler feststellen wollen, die am 12. Oktober 1821 von jüdischen Eltern im böhmischen Polna geboren wurde, in Wien getauft worden sei und dann in Spital in Niederösterreich gelebt haben soll. Aber der Aufenthalt dieser Klara Hitler in Spital ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, dass die Grossmutter Adolfs, Johanna Hütler, die Tochter eines katholischen Bauern Johann von Nepomuk Hütler aus Spital war. Die Namensähnlichkeit bleibt immerhin auffällig; auffällig bleibt weiter, dass Spital und Polna verhältnismässig nahe beieinanderliegen; auffällig bleibt schliesslich, dass der Name grade auf der Wanderung von Walterschlag nach Spital sich aus Hiedler in Hüttler verwandelt - denn grade dies ist auch die Form, in der der Name auf dem Grabstein einer Rosalie Müller, geb. Hüttler auf dem jüdischen Friedhof in Polna vorkommt. Auf Gräbern der jüdischen Abteilung des Zentralfriedhofs in Wien heisst es dann bereits Hitler - die Namensform hat sich also in der christlichen wie der jüdischen Familie parallel entwickelt. Welcher Art diese auch sonst oft beobachtete Namensparallelität ist; ob sie einfach aus örtlicher Nachbarschaft sich erklärt oder auf eine bis jetzt nicht geklärte Beziehung hinweist, wäre leichter zu sagen, wenn die Bedeutung des Namens klarer wäre. Man hat die jüdische Form von Hut (Hitler gleich Hütelmacher), die christliche von Hütte abgeleitet; ein tschechisches Hidlar wurde vermutet, und ein in Hitlers Heimat wohnender Privatforscher führt den Namen auf einen Hüter oder Hirten (wenn man also will: Führer) zurück. Erwähnt sei, dass unter Hitlers Ahnen väterlicherseits im 17. Jahrhundert ein Bauer namens Johann Salomon in Nieder-Plöttbach (Bezirk Zwettl, Niederösterreich) vorkommt; er ist Adolf Hitlers Ururururgrossvater. Im Gegensatz zur väterlichen zeigt die mütterliche Abstammungslinie Adolf Hitlers die Merkmale einer festen Ruhe. Der Name bleibt von seinem ersten Auftauchen an unverändert bei der Form Pölzl, und bis zur Mutter Adolf Hitlers hinab sitzen diese Ahnen vier Generationen lang unverrückt auf dem Bauernanwesen Nr. 37 in Spital.Ganz anders die fast vagantenhafte Unbeständigkeit der väterlichen Linie. Nicht nur der Name zuckt hin und her; auch der Wohnsitz wechselt in drei Generationen dreimal: Walterschlag, Spital, Strones, Leonding. Die Lebensgeschichte der einzelnen ist tatsächlich bewegt und zeugt von innerer Unrast. Johann Georg Hiedler, der Grossvater des späteren Reichskanzlers, verbringt sein Leben an verschiedenen Orten Niederösterreichs bald als »Bestandmüller«, das heisst Mühlenpächter, bald als »vazierender Müllersgesell«. 1824 heiratet er zum ersten Mal, fünf Monate nach der Eheschliessung wird ein Sohn geboren; Mutter und Kind sterben im Wochenbett (Traubuch, Taufbuch und Sterbebuch des Pfarramts Hoheneich bei Gmünd, Niederösterreich). Dreizehn Jahre später finden wir diesen Hiedler als Müller in Döllersheim, ebenfalls im Bezirk Gmünd. Im benachbarten Strones gebiert die Bauerntochter Anna Maria Schicklgruber am 7. Juni 1837 einen Sohn namens Alois. Fünf Jahre später heiratet die Siebenundvierzigjährige in der Pfarrkirche von Döllersheim den fünfzigjährigen Johann Georg Hiedler, der laut Traubuch der Pfarre Döllersheim damals als »Mütergesell« in Dürenthal lebt. 1847 stirbt Maria Anna Hiedler in Strones. Die Spur Johann Georg Hiedlers verliert sich dann auf Jahrzehnte; Alois trägt jedenfalls nicht seinen Namen, sondern den Mädchennamen der Mutter: Schicklgruber.Alois Schicklgruber-Hitler.Wenn die Abstammung dieses Kindes Alois von Georg Hiedler nach den äusseren Umständen nicht ganz sicher ist, so ist sie aus inneren Gründen wahrscheinlich. Die Unrast im Leben Georg Hiedlers wiederholt und steigert sich in Alois. Wie Georg Hiedler verlässt dieser den Bereich bäuerlicher Lebensführung und sucht nach einer Art Aufstieg. Georg Hiedlers Lebensbahn verliert sich in den späteren Jahrzehnten im Dunkel; Alois findet in dem ersehnten Beamtenberuf anscheinend nicht die volle Befriedigung und bricht diese Laufbahn auffallend früh ab. Dann wandert er unruhig von Ort zu Ort, kauft und verkauft rastlos immer aufs neue bald da, bald dort eine kleine Besitzung. Dreimal ist er verheiratet. Er wächst in Spital auf, wo der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler, als Bauer lebt. Bei einem gewissen Ledermüller lernt er dort das Schuhmacherhandwerk. Eine kleine Anekdote hat sich erhalten: Der junge Mensch habe eines Tages seine Geldbörse samt seinem ganzen Taschengelde, nämlich einen Kreuzer, wütend aus dem Fenster geworfen und gerufen, wenn er schon nicht mehr Geld habe, brauche er auch den Kreuzer nicht. In Wien arbeitete er eine Zeitlang als Schuhmacher. Dann werden die Daten genauer: sein Personalakt als Beamter liegt vor. 1855 trat er in Saalfelden im Lande Salzburg in den Finanzwachtdienst ein, 1864 erreichte er im Avancement einen Posten, der als bürgerliche Sicherung gelten konnte: Er wurde provisorischer Amtsassistent der 11. Dienstklasse beim Hauptzollamt in Braunau am Inn. Elf Tage nach der Beförderung heiratete er zum ersten Mal, und zwar ein Mädchen aus seinem Vorgesetztenkreise: die Adoptivtochter Anna des Zolleinnehmers Josef Hoerer in Radstadt, geboren als Tochter des Steuerbeamten Josef Glasl in Theresienfeld. Spätere Altersfreunde Alois Hitlers in Leonding wollen von ihm gehört haben, die neuen Schwiegereltern seien wohlhabend gewesen und hätten ihm eine behaglichere Lebensführung ermöglicht. Anna Glasl-Hoerer war 1823 geboren, also vierzehn Jahre älter als ihr Gatte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Personalakt wurde sie nach sechzehnjähriger Dauer am 7. November 1880 durch das Bezirksgericht Braunau geschieden.Mündliche Angaben von alten Leuten in Braunau füllen diese Daten mit etwas Leben. Die Angaben über das Naturell Alois Hitlers schwanken; die einen nennen ihn freundlich und gefällig; die andern zugeknöpft und etwas mürrisch. Jedenfalls sei er bildungshungrig und »in Wort und Schrift sehr bewandert« gewesen. Die Mittel der Adoptivschwiegereltern hätten ihm ein gewisses gesellschaftliches Auftreten, so wie den Luxus von Büchern und Reisen ermöglicht.Um seiner kinderlosen und leidenden Frau Zerstreuung und Hilfe zu verschaffen, nahm Alois Schicklgruber das Töchterchen einer Cousine, die kleine Klara Pölzl, ins Haus. Das Mädchen wurde allgemein als Tochter der Familie betrachtet und hiess nach Alois Schicklgrubers Namensänderung das »Hitler Klarerl«.Im Jahre 1876 änderte nämlich Alois Schicklgruber seinen Namen in Hitler. Über diesen Vorgang liegen mehrere Dokumente vor, von denen das interessanteste eine Auskunft des Ordinariats von St. Pölten vom 29. März 1932 ist. Wie sich aus dem dortigen Archiv ergibt, meldete sich am 6. Juni 1876 beim Notariat in Weitra Georg Hitler (so lautet jetzt die Schreibweise); der Mann also, über den seit 1842 keine Daten mehr vorliegen, dessen seitherige Lebensschicksale, ja dessen Sterbetag und -ort bisher nicht ermittelt werden konnten; nur dass er 1883 bereits tot war, geht aus einem anderen Dokument hervor. Dieser vierundachtzigjährige Greis erklärte vor dem Notar in Weitra vor drei Zeugen namens Rameder, Breireneder und Pautsch, er sei der Vater des am 7. Juni 1837 geborenen ausserehelichen Kindes Alois Schicklgruber. Warum er diese Legitimierung seinerzeit bei der Eheschliessung mit der Mutter unterliess, ist aus den verschiedenen Aktenstücken nicht zu erkennen. Unter welchen Umständen sie dann 1876 erfolgte, was für ein Leben Georg Hiedler damals führte, wie er mit seinem Sohne stand und was ihn zu dieser späten Legitimierung veranlasste, darüber schweigen die Dokumente gleichfalls. Die eigentliche Rechtskraft erhielt der Legitimierungsakt im Pfarramt zu Döllersheim, dem Georg Hiedlers notarielle Erklärung von Weitra aus zugeschickt wurde. Dort schreibt der Pfarrer Josef Zahnschirm, auf eine etwas unordentliche und später zu Zweifeln Anlass gebende Art, Alois Schicklgruber am 23. November 1876 im Taufbuch auf Alois Hitler um. Rechtlich war der ganze Vorgang die Nachholung eines Aktes, der schon bei der Eheschliessung 1842 hätte erfolgen sollen und offenbar aus Nachlässigkeit unterblieb; in der Amtssprache heisst er legitimatio pier matrimonium subsequens. Was die Akten verschweigen, müssen die Mitlebenden bekunden. Nach den Erinnerungen eines Altersfreundes von Alois Hitler in Leonding war die Ursache der Namensänderung eine Erbschaftsangelegenheit. Der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler in Spital, also Alois Hitlers Onkel und überdies der Grossvater seiner späteren dritten Frau, hatte nur zwei Töchter, wollte aber, dass der Name nicht aussterbe. Er machte die Namensänderung zur Bedingung eines Legats, das er dem Neffen aussetzte.Merkwürdige Familie.Die Ehe Alois Hitlers mit der um vierzehn Jahre älteren Frau muss für beide Teile nicht leicht gewesen sein, zumal da die Frau immer kränker wurde. Alois Hitler beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Gasthausköchin namens Franziska Matzelsberger. Darauf die Scheidung von der ersten Gattin, nach damaligem österreichischem Recht nur Scheidung von Tisch und Bett, die das Eingehen einer neuen Ehe nicht ermöglicht. Frau Anna Hitler bezieht eine eigene Wohnung, die zwanzigjährige Ziehtochter Klara Pölzl verlässt das Haus und geht nach Wien in Stellung. Franziska Matzelsberger führt Alois Hitler die Wirtschaft und gebiert ihm, noch zu Lebzeiten der ersten Gattin, am 13. Januar 1882 einen Sohn, der den Taufnamen Alois und später durch Legitimierung den Familiennamen Hitler erhält. Nach dem Tode der ersten Gattin - sie stirbt am 6. April 1883 an »Auszehrung« - heiratet Alois Hitler bereits am 22. Mai 1883 Franziska Matzelsberger; am 28. Juli des gleichen Jahres kommt eine Tochter Angela zur Welt. Von den Kollegen Alois Hitlers und ihren Frauen wird die neue Gattin gesellschaftlich geschnitten. Nach kurzer Ehe erkrankt auch Franziska Hitler an einem Lungenleiden und stirbt am 10. August 1884, laut Totenschein an Tuberkulose.Die letzten Lebensmonate hatte sie in dem Ort Ranshofen in der Nähe von Braunau verbracht. Während dieser Zeit war die Ziehtochter Klara Pölzl aus Wien zurückgekommen und hatte Alois Hitler das Haus geführt. Ein halbes Jahr nach dem Tode der zweiten Frau, am 7. Januar 1885, heiratete Alois Hitler die dritte.Klara Pölzl war nicht nur die Ziehtochter ihres neuen Gatten, sondern auch die Tochter einer Cousine. Das war nach kirchlichem Recht »Seitenverwandtschaft im dritten Grad, berührend den zweiten«; ein bischöflicher Dispens war zur Eheschliessung nötig. Wir werden im Leben Adolf Hitlers einen Vorgang kennen lernen, der etwas an des Vaters dritte Ehe erinnert. 0.
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Konrad Heiden (Autor)

Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit [Gebundene Ausgabe] von (2011)

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ISBN: 9783828909311 bzw. 3828909310, Band: 1, vermutlich in Deutsch, Weltbild, gebundenes Buch.

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Von Händler/Antiquariat, BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH.
Weltbild, 2011. 2011. Hardcover. 21,6 x 14,6 x 6 cm. Die erste bedeutende Hitler-Biographie Dieser Doppelband beinhaltet die beiden Bücher "Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit" und "Ein Mann gegen Europa". Erstmals in den Jahren 1936 und 1937 erschienen, schuf der jüdische Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden mit diesen engagiert-kritischen Werken die Basis für spätere Hitler-Biographien. Der erste Teil der Biographie umfasst die Jahre 1919 bis 1933. Der Züricher Verleger Emil Oprecht über Band 1: "Die schonungslose biographische und psychologische Durchleuchtung seiner (Adolf Hitlers) Gestalt allein gibt den Schlüssel für seine politschen Ziele, seine Ideen und damit das entscheidende Verständnis für das, was für die Welt auf dem Spiel steht." In Teil 2 (1933-1936) entlarvt Konrad Heiden Adolf Hitler als einen Gegner Europas, denn "er plant eine Herrschaft weniger Starker über die Masse der Schwachen und fördert darum die Auflösung des heutigen Europa, das zarte Keime eines künftigen europäischen Bundes enthält" Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (Konrad Heiden) [Gebundene Ausgabe] von Konrad Heiden Erster Teil - zum Menschen untauglichI. Heimat und HerkunftNationalhass in ÖsterreichIm Lande der Romantik ist Adolf Hitler geboren. Grün bricht und schäumt von Passau bis Linz die Donau durch schwarze Waldgebirge, weiss leuchten die Klöster und Schlösser von Oberösterreich, auf den Bergspitzen verwittern graue Ruinen. An diesem Strom, dessen Kultur ebenso alt, dessen Geschichte ebenso schwer ist wie die des Rheins, zogen Ostgoten und Hunnen entlang, Langobarden und Bajuvaren, Ungarn und Schwaben, Kreuzfahrer und Türken, Schweden, Franzosen, die deutschen Feldgrauen des Weltkriegs. Ritterliche Sänger schrieben hier im 12. Jahrhundert die verschallenden Sagen der Völkerwanderung in herrlichen Rhythmen aufs Pergament und bewahrten im Liede dem Waldstromland den leuchtenden Namen der Nibelungenstrasse. Im 16. Jahrhundert tränkte der Adel das Land mit rebellischem Bauernblut; Köpfe flogen auf den Rasen, Eingeweide wurden an Baumstämme genagelt.Dome und Lustschlösser liegen über dem ernsten Antlitz des Landes wie ein Lächeln aus weissem, zartem Stein; während die Maurer an ihnen klopften, trieben die Reisigen des Bischofs Tausende von Landeskindern um ihres protestantischen Glaubens willen aus der Heimat. Im 18. Jahrhundert schossen die Grenadiere der Häuser Habsburg und Wittelsbach um dieses Erdenflecks willen einander tot; Habsburg siegte. Im 19. Jahrhundert entsteht längs der Donau jenes düster-elegante Kolonialreich, österreichisch-ungarische Monarchie genannt, das der Welt den Wiener Walzer und den Weltkrieg schenkte und 1918 in Atome zersprang. Eine absolute Fürstenherrschaft über sechs grosse und mehrere kleine Völker, in Abstammung, Sprache, Gesinnung und Kulturgrad voneinander ganz verschieden, die entweder einander beherrschten oder sich voneinanderbefreien wollten. Die Fortgeschrittensten dieser Nationen, Deutsche und Tschechen, stritten in den älteren Teilen Österreichs um die Vorherrschaft; das Herrscherhaus und die hohe Bürokratie drängten den ursprünglich überwiegenden deutschen Einfluss zugunsten der aufstrebenden tschechischen Nation etwas zurück, ohne den tschechischen natürlichen Wünschen gerecht werden zu können. So wuchs ein erbitterter deutscher Nationalhass im alten Nibelungenland, in Oberösterreich und in der Wachau gegen das dem Deutschtum sich entfremdende Herrscherhaus, gegen die ganze österreichische Monarchie und namentlich auch gegen die mit ihr innig verbündete katholische Kirche hoch. Die »Los-von-Rom«-Bewegung des Ritters Georg von Schönerer und seines Genossen Wolf ergriff das gebildete Bürgertum; sie begeisterte sich an dem unter Bismarck und den Hohenzollernkaisern machtvoll aufsteigenden Nachbarreich, verlangte die Auflösung der Habsburger Monarchie und den Anschluss ihrer deutschen Teile an das Deutsche Reich. Mit Neid sieht das österreichische Bürgertum die Wirtschaftsblüte des Reichs unter den Hohenzollernkaisern, die machtvollen Schritte der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt; mit Neid sehen die Fabrikanten von Reichenberg und Steyr Deutschlands gewinnreiche Seeschiffahrt, die geschäftereiche Kolonialpolitik und die Staatsgelder, die auf dem Wege über diese Wirtschaftszweige an tüchtige Kaufleute fliessen. So hat das mächtig sich regende Nationalgefühl der Deutschen Österreichs eine gutgefütterte Unterlage; doch setzt sich oft genug der nationale Hass über alle wirtschaftlichen Berechnungen weg, namentlich im heftigen Streit der Deutschen und Tschechen. Wie immer sind diese Gefühle am stärksten bei den mittleren Schichten, weniger beim national sehr gemischten Proletariat, gar nicht beim hohen Adel. Die Turnerbünde und Schützengilden, die Mittelschulen und Sängerfeste hegen diesen Nationalismus, und beim nächtlichen Gelage auf weinlaubumrankter Terrasse an der Donau singt ein alter Herr mit goldener Brille:Und rinnt von des Römers blinkendem Rand der letzte Tropfen vom Alten, dann ruf ich: Wachau, du mein heimatlich Land, bleibst deutsch uns ewig erhalten!Zu den kleinen Nationen der Monarchie gehörten die Juden, die in einigen Teilen des Landes in geschlossenen Siedlungen und grosser Rückständigkeit lebten; oft mit einer eigentümlichen, ganz uneuropäischen Geistesbildung. In den deutschen und tschechischen Landesteilen assimilieren sie sich schneller und steigen zum Beispiel in Prag zu einer hohen und feinen Kultur auf, geradezu Vorbild und Beispiel ihrer Umgebung; in Galizien bleiben sie der alte Ghetto-Typ. In Wien vereinigen sich diese verschiedenen Kulturgrade zu einem nicht durchweg erfreulichen Gemenge. In Handel und Gewerbe, vielleicht noch mehr in Presse und Literatur erlangt nicht der Jude an sich, sondern ein bestimmter jüdischer Bildungs-Typ zeitweise übermässigen Einfluss, denn diese weit Herumgekommenen kennen die Bedürfnisse aller Schichten und Nationen des Reichs. In dem unruhigen Völkergemisch werden die Juden von keiner Nation endgültig angezogen, wechseln herüber und hinüber, erhalten aus den Ghetto-Siedlungen Galiziens immer wieder Nachschub mit ausgeprägten Nationalzügen und assimilieren sich aus all diesen Gründen als Ganzes langsamer als in anderen Ländern. So entsteht eine von allen Nationen Österreichs gehetzte Zwischenschicht, überwiegend proletarisch, mit wohlhabenden, beneideten und verlästerten Spitzen.Auch die »Los-von-Rom«-Bewegung war scharf antisemitisch; sie erklärte das Judentum für das Symbol jenes österreichischen Völkergemenges, in dem das Deutschtum zugrunde gehe. Dieser Antisemitismus des 19. Jahrhunderts war in Österreich ebenso wie in Deutschland eine absolute Angelegenheit der bürgerlichen Oberschicht, die wiederum geistige Anleihen beim Adel machte und mit ihrer Judenfeindschaft unbewusst feudalen Zwecken diente. Denn der Jude war das Sinnbild der bürgerlichen Emanzipation; jüdische Intellektuelle halfen jene politischen Klassenschranken zerschlagen, mit denen der Feudalismus den Aufstieg des Bürgertums gehemmt hatte. Der Antisemitismus sickert von oben nach unten. Als Adolf Hitler geboren wurde, war er noch nicht bei den Bauern und Kleinbürgern, geschweige denn bei den Proletariern angelangt; Hitlers Vater hätte, wie der Sohn selbst bezeugt, im Antisemitismus ein Zeichen von Unbildung gesehen - mit Recht, denn er verfolgt die Opfer statt der Ursachen eines Übels.Die Vorfahren.Adolf Hitlers Vater ist der uneheliche Sohn einer armen Bauernmagd. Die merkwürdigen Familienverhältnisse Hitlers mag die nebenstehende Stammtafel, die sich zum Teil auf Forschungen des Wiener Genealogen Karl Friedrich von Frank, aber auch auf sonstige Nachforschungen in Kirchenbüchern stützt, etwas verdeutlichen. Dieses Bruchstück einer Ahnentafel zeigt, wie die heutige Namensform Hitler aus einem Sammelsurium verschiedener Klänge und Schreibungen erst sehr spät herauswächst. Es gibt erwiesenermassen viele jüdische Hitlers, und die Ähnlichkeit des sonst seltenen Namens hat zur Suche nach einem jüdischen Einschlag in der Familiengeschichte verleitet. Es ist ein Irrtum. Man hat eine angebliche jüdische Grosstante Adolf Hitlers in einer Klara Hitler feststellen wollen, die am 12. Oktober 1821 von jüdischen Eltern im böhmischen Polna geboren wurde, in Wien getauft worden sei und dann in Spital in Niederösterreich gelebt haben soll. Aber der Aufenthalt dieser Klara Hitler in Spital ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, dass die Grossmutter Adolfs, Johanna Hütler, die Tochter eines katholischen Bauern Johann von Nepomuk Hütler aus Spital war. Die Namensähnlichkeit bleibt immerhin auffällig; auffällig bleibt weiter, dass Spital und Polna verhältnismässig nahe beieinanderliegen; auffällig bleibt schliesslich, dass der Name grade auf der Wanderung von Walterschlag nach Spital sich aus Hiedler in Hüttler verwandelt - denn grade dies ist auch die Form, in der der Name auf dem Grabstein einer Rosalie Müller, geb. Hüttler auf dem jüdischen Friedhof in Polna vorkommt. Auf Gräbern der jüdischen Abteilung des Zentralfriedhofs in Wien heisst es dann bereits Hitler - die Namensform hat sich also in der christlichen wie der jüdischen Familie parallel entwickelt. Welcher Art diese auch sonst oft beobachtete Namensparallelität ist; ob sie einfach aus örtlicher Nachbarschaft sich erklärt oder auf eine bis jetzt nicht geklärte Beziehung hinweist, wäre leichter zu sagen, wenn die Bedeutung des Namens klarer wäre. Man hat die jüdische Form von Hut (Hitler gleich Hütelmacher), die christliche von Hütte abgeleitet; ein tschechisches Hidlar wurde vermutet, und ein in Hitlers Heimat wohnender Privatforscher führt den Namen auf einen Hüter oder Hirten (wenn man also will: Führer) zurück. Erwähnt sei, dass unter Hitlers Ahnen väterlicherseits im 17. Jahrhundert ein Bauer namens Johann Salomon in Nieder-Plöttbach (Bezirk Zwettl, Niederösterreich) vorkommt; er ist Adolf Hitlers Ururururgrossvater. Im Gegensatz zur väterlichen zeigt die mütterliche Abstammungslinie Adolf Hitlers die Merkmale einer festen Ruhe. Der Name bleibt von seinem ersten Auftauchen an unverändert bei der Form Pölzl, und bis zur Mutter Adolf Hitlers hinab sitzen diese Ahnen vier Generationen lang unverrückt auf dem Bauernanwesen Nr. 37 in Spital.Ganz anders die fast vagantenhafte Unbeständigkeit der väterlichen Linie. Nicht nur der Name zuckt hin und her; auch der Wohnsitz wechselt in drei Generationen dreimal: Walterschlag, Spital, Strones, Leonding. Die Lebensgeschichte der einzelnen ist tatsächlich bewegt und zeugt von innerer Unrast. Johann Georg Hiedler, der Grossvater des späteren Reichskanzlers, verbringt sein Leben an verschiedenen Orten Niederösterreichs bald als »Bestandmüller«, das heisst Mühlenpächter, bald als »vazierender Müllersgesell«. 1824 heiratet er zum ersten Mal, fünf Monate nach der Eheschliessung wird ein Sohn geboren; Mutter und Kind sterben im Wochenbett (Traubuch, Taufbuch und Sterbebuch des Pfarramts Hoheneich bei Gmünd, Niederösterreich). Dreizehn Jahre später finden wir diesen Hiedler als Müller in Döllersheim, ebenfalls im Bezirk Gmünd. Im benachbarten Strones gebiert die Bauerntochter Anna Maria Schicklgruber am 7. Juni 1837 einen Sohn namens Alois. Fünf Jahre später heiratet die Siebenundvierzigjährige in der Pfarrkirche von Döllersheim den fünfzigjährigen Johann Georg Hiedler, der laut Traubuch der Pfarre Döllersheim damals als »Mütergesell« in Dürenthal lebt. 1847 stirbt Maria Anna Hiedler in Strones. Die Spur Johann Georg Hiedlers verliert sich dann auf Jahrzehnte; Alois trägt jedenfalls nicht seinen Namen, sondern den Mädchennamen der Mutter: Schicklgruber.Alois Schicklgruber-Hitler.Wenn die Abstammung dieses Kindes Alois von Georg Hiedler nach den äusseren Umständen nicht ganz sicher ist, so ist sie aus inneren Gründen wahrscheinlich. Die Unrast im Leben Georg Hiedlers wiederholt und steigert sich in Alois. Wie Georg Hiedler verlässt dieser den Bereich bäuerlicher Lebensführung und sucht nach einer Art Aufstieg. Georg Hiedlers Lebensbahn verliert sich in den späteren Jahrzehnten im Dunkel; Alois findet in dem ersehnten Beamtenberuf anscheinend nicht die volle Befriedigung und bricht diese Laufbahn auffallend früh ab. Dann wandert er unruhig von Ort zu Ort, kauft und verkauft rastlos immer aufs neue bald da, bald dort eine kleine Besitzung. Dreimal ist er verheiratet. Er wächst in Spital auf, wo der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler, als Bauer lebt. Bei einem gewissen Ledermüller lernt er dort das Schuhmacherhandwerk. Eine kleine Anekdote hat sich erhalten: Der junge Mensch habe eines Tages seine Geldbörse samt seinem ganzen Taschengelde, nämlich einen Kreuzer, wütend aus dem Fenster geworfen und gerufen, wenn er schon nicht mehr Geld habe, brauche er auch den Kreuzer nicht. In Wien arbeitete er eine Zeitlang als Schuhmacher. Dann werden die Daten genauer: sein Personalakt als Beamter liegt vor. 1855 trat er in Saalfelden im Lande Salzburg in den Finanzwachtdienst ein, 1864 erreichte er im Avancement einen Posten, der als bürgerliche Sicherung gelten konnte: Er wurde provisorischer Amtsassistent der 11. Dienstklasse beim Hauptzollamt in Braunau am Inn. Elf Tage nach der Beförderung heiratete er zum ersten Mal, und zwar ein Mädchen aus seinem Vorgesetztenkreise: die Adoptivtochter Anna des Zolleinnehmers Josef Hoerer in Radstadt, geboren als Tochter des Steuerbeamten Josef Glasl in Theresienfeld. Spätere Altersfreunde Alois Hitlers in Leonding wollen von ihm gehört haben, die neuen Schwiegereltern seien wohlhabend gewesen und hätten ihm eine behaglichere Lebensführung ermöglicht. Anna Glasl-Hoerer war 1823 geboren, also vierzehn Jahre älter als ihr Gatte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Personalakt wurde sie nach sechzehnjähriger Dauer am 7. November 1880 durch das Bezirksgericht Braunau geschieden.Mündliche Angaben von alten Leuten in Braunau füllen diese Daten mit etwas Leben. Die Angaben über das Naturell Alois Hitlers schwanken; die einen nennen ihn freundlich und gefällig; die andern zugeknöpft und etwas mürrisch. Jedenfalls sei er bildungshungrig und »in Wort und Schrift sehr bewandert« gewesen. Die Mittel der Adoptivschwiegereltern hätten ihm ein gewisses gesellschaftliches Auftreten, so wie den Luxus von Büchern und Reisen ermöglicht.Um seiner kinderlosen und leidenden Frau Zerstreuung und Hilfe zu verschaffen, nahm Alois Schicklgruber das Töchterchen einer Cousine, die kleine Klara Pölzl, ins Haus. Das Mädchen wurde allgemein als Tochter der Familie betrachtet und hiess nach Alois Schicklgrubers Namensänderung das »Hitler Klarerl«.Im Jahre 1876 änderte nämlich Alois Schicklgruber seinen Namen in Hitler. Über diesen Vorgang liegen mehrere Dokumente vor, von denen das interessanteste eine Auskunft des Ordinariats von St. Pölten vom 29. März 1932 ist. Wie sich aus dem dortigen Archiv ergibt, meldete sich am 6. Juni 1876 beim Notariat in Weitra Georg Hitler (so lautet jetzt die Schreibweise); der Mann also, über den seit 1842 keine Daten mehr vorliegen, dessen seitherige Lebensschicksale, ja dessen Sterbetag und -ort bisher nicht ermittelt werden konnten; nur dass er 1883 bereits tot war, geht aus einem anderen Dokument hervor. Dieser vierundachtzigjährige Greis erklärte vor dem Notar in Weitra vor drei Zeugen namens Rameder, Breireneder und Pautsch, er sei der Vater des am 7. Juni 1837 geborenen ausserehelichen Kindes Alois Schicklgruber. Warum er diese Legitimierung seinerzeit bei der Eheschliessung mit der Mutter unterliess, ist aus den verschiedenen Aktenstücken nicht zu erkennen. Unter welchen Umständen sie dann 1876 erfolgte, was für ein Leben Georg Hiedler damals führte, wie er mit seinem Sohne stand und was ihn zu dieser späten Legitimierung veranlasste, darüber schweigen die Dokumente gleichfalls. Die eigentliche Rechtskraft erhielt der Legitimierungsakt im Pfarramt zu Döllersheim, dem Georg Hiedlers notarielle Erklärung von Weitra aus zugeschickt wurde. Dort schreibt der Pfarrer Josef Zahnschirm, auf eine etwas unordentliche und später zu Zweifeln Anlass gebende Art, Alois Schicklgruber am 23. November 1876 im Taufbuch auf Alois Hitler um. Rechtlich war der ganze Vorgang die Nachholung eines Aktes, der schon bei der Eheschliessung 1842 hätte erfolgen sollen und offenbar aus Nachlässigkeit unterblieb; in der Amtssprache heisst er legitimatio pier matrimonium subsequens. Was die Akten verschweigen, müssen die Mitlebenden bekunden. Nach den Erinnerungen eines Altersfreundes von Alois Hitler in Leonding war die Ursache der Namensänderung eine Erbschaftsangelegenheit. Der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler in Spital, also Alois Hitlers Onkel und überdies der Grossvater seiner späteren dritten Frau, hatte nur zwei Töchter, wollte aber, dass der Name nicht aussterbe. Er machte die Namensänderung zur Bedingung eines Legats, das er dem Neffen aussetzte.Merkwürdige Familie.Die Ehe Alois Hitlers mit der um vierzehn Jahre älteren Frau muss für beide Teile nicht leicht gewesen sein, zumal da die Frau immer kränker wurde. Alois Hitler beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Gasthausköchin namens Franziska Matzelsberger. Darauf die Scheidung von der ersten Gattin, nach damaligem österreichischem Recht nur Scheidung von Tisch und Bett, die das Eingehen einer neuen Ehe nicht ermöglicht. Frau Anna Hitler bezieht eine eigene Wohnung, die zwanzigjährige Ziehtochter Klara Pölzl verlässt das Haus und geht nach Wien in Stellung. Franziska Matzelsberger führt Alois Hitler die Wirtschaft und gebiert ihm, noch zu Lebzeiten der ersten Gattin, am 13. Januar 1882 einen Sohn, der den Taufnamen Alois und später durch Legitimierung den Familiennamen Hitler erhält. Nach dem Tode der ersten Gattin - sie stirbt am 6. April 1883 an »Auszehrung« - heiratet Alois Hitler bereits am 22. Mai 1883 Franziska Matzelsberger; am 28. Juli des gleichen Jahres kommt eine Tochter Angela zur Welt. Von den Kollegen Alois Hitlers und ihren Frauen wird die neue Gattin gesellschaftlich geschnitten. Nach kurzer Ehe erkrankt auch Franziska Hitler an einem Lungenleiden und stirbt am 10. August 1884, laut Totenschein an Tuberkulose.Die letzten Lebensmonate hatte sie in dem Ort Ranshofen in der Nähe von Braunau verbracht. Während dieser Zeit war die Ziehtochter Klara Pölzl aus Wien zurückgekommen und hatte Alois Hitler das Haus geführt. Ein halbes Jahr nach dem Tode der zweiten Frau, am 7. Januar 1885, heiratete Alois Hitler die dritte.Klara Pölzl war nicht nur die Ziehtochter ihres neuen Gatten, sondern auch die Tochter einer Cousine. Das war nach kirchlichem Recht »Seitenverwandtschaft im dritten Grad, berührend den zweiten«; ein bischöflicher Dispens war zur Eheschliessung nötig. Wir werden im Leben Adolf Hitlers einen Vorgang kennen lernen, der etwas an des Vaters dritte Ehe erinnert. 0.
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Konrad Heiden (Autor)

Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit [Gebundene Ausgabe] von (2011)

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ISBN: 9783828909311 bzw. 3828909310, Band: 1, vermutlich in Deutsch, Weltbild, gebundenes Buch.

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Von Händler/Antiquariat, BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH.
Weltbild, 2011. 2011. Hardcover. 21,6 x 14,6 x 6 cm. Die erste bedeutende Hitler-Biographie Dieser Doppelband beinhaltet die beiden Bücher "Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit" und "Ein Mann gegen Europa". Erstmals in den Jahren 1936 und 1937 erschienen, schuf der jüdische Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden mit diesen engagiert-kritischen Werken die Basis für spätere Hitler-Biographien. Der erste Teil der Biographie umfasst die Jahre 1919 bis 1933. Der Züricher Verleger Emil Oprecht über Band 1: "Die schonungslose biographische und psychologische Durchleuchtung seiner (Adolf Hitlers) Gestalt allein gibt den Schlüssel für seine politschen Ziele, seine Ideen und damit das entscheidende Verständnis für das, was für die Welt auf dem Spiel steht." In Teil 2 (1933-1936) entlarvt Konrad Heiden Adolf Hitler als einen Gegner Europas, denn "er plant eine Herrschaft weniger Starker über die Masse der Schwachen und fördert darum die Auflösung des heutigen Europa, das zarte Keime eines künftigen europäischen Bundes enthält" Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (Konrad Heiden) [Gebundene Ausgabe] von Konrad Heiden Erster Teil - zum Menschen untauglichI. Heimat und HerkunftNationalhass in ÖsterreichIm Lande der Romantik ist Adolf Hitler geboren. Grün bricht und schäumt von Passau bis Linz die Donau durch schwarze Waldgebirge, weiss leuchten die Klöster und Schlösser von Oberösterreich, auf den Bergspitzen verwittern graue Ruinen. An diesem Strom, dessen Kultur ebenso alt, dessen Geschichte ebenso schwer ist wie die des Rheins, zogen Ostgoten und Hunnen entlang, Langobarden und Bajuvaren, Ungarn und Schwaben, Kreuzfahrer und Türken, Schweden, Franzosen, die deutschen Feldgrauen des Weltkriegs. Ritterliche Sänger schrieben hier im 12. Jahrhundert die verschallenden Sagen der Völkerwanderung in herrlichen Rhythmen aufs Pergament und bewahrten im Liede dem Waldstromland den leuchtenden Namen der Nibelungenstrasse. Im 16. Jahrhundert tränkte der Adel das Land mit rebellischem Bauernblut; Köpfe flogen auf den Rasen, Eingeweide wurden an Baumstämme genagelt.Dome und Lustschlösser liegen über dem ernsten Antlitz des Landes wie ein Lächeln aus weissem, zartem Stein; während die Maurer an ihnen klopften, trieben die Reisigen des Bischofs Tausende von Landeskindern um ihres protestantischen Glaubens willen aus der Heimat. Im 18. Jahrhundert schossen die Grenadiere der Häuser Habsburg und Wittelsbach um dieses Erdenflecks willen einander tot; Habsburg siegte. Im 19. Jahrhundert entsteht längs der Donau jenes düster-elegante Kolonialreich, österreichisch-ungarische Monarchie genannt, das der Welt den Wiener Walzer und den Weltkrieg schenkte und 1918 in Atome zersprang. Eine absolute Fürstenherrschaft über sechs grosse und mehrere kleine Völker, in Abstammung, Sprache, Gesinnung und Kulturgrad voneinander ganz verschieden, die entweder einander beherrschten oder sich voneinanderbefreien wollten. Die Fortgeschrittensten dieser Nationen, Deutsche und Tschechen, stritten in den älteren Teilen Österreichs um die Vorherrschaft; das Herrscherhaus und die hohe Bürokratie drängten den ursprünglich überwiegenden deutschen Einfluss zugunsten der aufstrebenden tschechischen Nation etwas zurück, ohne den tschechischen natürlichen Wünschen gerecht werden zu können. So wuchs ein erbitterter deutscher Nationalhass im alten Nibelungenland, in Oberösterreich und in der Wachau gegen das dem Deutschtum sich entfremdende Herrscherhaus, gegen die ganze österreichische Monarchie und namentlich auch gegen die mit ihr innig verbündete katholische Kirche hoch. Die »Los-von-Rom«-Bewegung des Ritters Georg von Schönerer und seines Genossen Wolf ergriff das gebildete Bürgertum; sie begeisterte sich an dem unter Bismarck und den Hohenzollernkaisern machtvoll aufsteigenden Nachbarreich, verlangte die Auflösung der Habsburger Monarchie und den Anschluss ihrer deutschen Teile an das Deutsche Reich. Mit Neid sieht das österreichische Bürgertum die Wirtschaftsblüte des Reichs unter den Hohenzollernkaisern, die machtvollen Schritte der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt; mit Neid sehen die Fabrikanten von Reichenberg und Steyr Deutschlands gewinnreiche Seeschiffahrt, die geschäftereiche Kolonialpolitik und die Staatsgelder, die auf dem Wege über diese Wirtschaftszweige an tüchtige Kaufleute fliessen. So hat das mächtig sich regende Nationalgefühl der Deutschen Österreichs eine gutgefütterte Unterlage; doch setzt sich oft genug der nationale Hass über alle wirtschaftlichen Berechnungen weg, namentlich im heftigen Streit der Deutschen und Tschechen. Wie immer sind diese Gefühle am stärksten bei den mittleren Schichten, weniger beim national sehr gemischten Proletariat, gar nicht beim hohen Adel. Die Turnerbünde und Schützengilden, die Mittelschulen und Sängerfeste hegen diesen Nationalismus, und beim nächtlichen Gelage auf weinlaubumrankter Terrasse an der Donau singt ein alter Herr mit goldener Brille:Und rinnt von des Römers blinkendem Rand der letzte Tropfen vom Alten, dann ruf ich: Wachau, du mein heimatlich Land, bleibst deutsch uns ewig erhalten!Zu den kleinen Nationen der Monarchie gehörten die Juden, die in einigen Teilen des Landes in geschlossenen Siedlungen und grosser Rückständigkeit lebten; oft mit einer eigentümlichen, ganz uneuropäischen Geistesbildung. In den deutschen und tschechischen Landesteilen assimilieren sie sich schneller und steigen zum Beispiel in Prag zu einer hohen und feinen Kultur auf, geradezu Vorbild und Beispiel ihrer Umgebung; in Galizien bleiben sie der alte Ghetto-Typ. In Wien vereinigen sich diese verschiedenen Kulturgrade zu einem nicht durchweg erfreulichen Gemenge. In Handel und Gewerbe, vielleicht noch mehr in Presse und Literatur erlangt nicht der Jude an sich, sondern ein bestimmter jüdischer Bildungs-Typ zeitweise übermässigen Einfluss, denn diese weit Herumgekommenen kennen die Bedürfnisse aller Schichten und Nationen des Reichs. In dem unruhigen Völkergemisch werden die Juden von keiner Nation endgültig angezogen, wechseln herüber und hinüber, erhalten aus den Ghetto-Siedlungen Galiziens immer wieder Nachschub mit ausgeprägten Nationalzügen und assimilieren sich aus all diesen Gründen als Ganzes langsamer als in anderen Ländern. So entsteht eine von allen Nationen Österreichs gehetzte Zwischenschicht, überwiegend proletarisch, mit wohlhabenden, beneideten und verlästerten Spitzen.Auch die »Los-von-Rom«-Bewegung war scharf antisemitisch; sie erklärte das Judentum für das Symbol jenes österreichischen Völkergemenges, in dem das Deutschtum zugrunde gehe. Dieser Antisemitismus des 19. Jahrhunderts war in Österreich ebenso wie in Deutschland eine absolute Angelegenheit der bürgerlichen Oberschicht, die wiederum geistige Anleihen beim Adel machte und mit ihrer Judenfeindschaft unbewusst feudalen Zwecken diente. Denn der Jude war das Sinnbild der bürgerlichen Emanzipation; jüdische Intellektuelle halfen jene politischen Klassenschranken zerschlagen, mit denen der Feudalismus den Aufstieg des Bürgertums gehemmt hatte. Der Antisemitismus sickert von oben nach unten. Als Adolf Hitler geboren wurde, war er noch nicht bei den Bauern und Kleinbürgern, geschweige denn bei den Proletariern angelangt; Hitlers Vater hätte, wie der Sohn selbst bezeugt, im Antisemitismus ein Zeichen von Unbildung gesehen - mit Recht, denn er verfolgt die Opfer statt der Ursachen eines Übels.Die Vorfahren.Adolf Hitlers Vater ist der uneheliche Sohn einer armen Bauernmagd. Die merkwürdigen Familienverhältnisse Hitlers mag die nebenstehende Stammtafel, die sich zum Teil auf Forschungen des Wiener Genealogen Karl Friedrich von Frank, aber auch auf sonstige Nachforschungen in Kirchenbüchern stützt, etwas verdeutlichen. Dieses Bruchstück einer Ahnentafel zeigt, wie die heutige Namensform Hitler aus einem Sammelsurium verschiedener Klänge und Schreibungen erst sehr spät herauswächst. Es gibt erwiesenermassen viele jüdische Hitlers, und die Ähnlichkeit des sonst seltenen Namens hat zur Suche nach einem jüdischen Einschlag in der Familiengeschichte verleitet. Es ist ein Irrtum. Man hat eine angebliche jüdische Grosstante Adolf Hitlers in einer Klara Hitler feststellen wollen, die am 12. Oktober 1821 von jüdischen Eltern im böhmischen Polna geboren wurde, in Wien getauft worden sei und dann in Spital in Niederösterreich gelebt haben soll. Aber der Aufenthalt dieser Klara Hitler in Spital ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, dass die Grossmutter Adolfs, Johanna Hütler, die Tochter eines katholischen Bauern Johann von Nepomuk Hütler aus Spital war. Die Namensähnlichkeit bleibt immerhin auffällig; auffällig bleibt weiter, dass Spital und Polna verhältnismässig nahe beieinanderliegen; auffällig bleibt schliesslich, dass der Name grade auf der Wanderung von Walterschlag nach Spital sich aus Hiedler in Hüttler verwandelt - denn grade dies ist auch die Form, in der der Name auf dem Grabstein einer Rosalie Müller, geb. Hüttler auf dem jüdischen Friedhof in Polna vorkommt. Auf Gräbern der jüdischen Abteilung des Zentralfriedhofs in Wien heisst es dann bereits Hitler - die Namensform hat sich also in der christlichen wie der jüdischen Familie parallel entwickelt. Welcher Art diese auch sonst oft beobachtete Namensparallelität ist; ob sie einfach aus örtlicher Nachbarschaft sich erklärt oder auf eine bis jetzt nicht geklärte Beziehung hinweist, wäre leichter zu sagen, wenn die Bedeutung des Namens klarer wäre. Man hat die jüdische Form von Hut (Hitler gleich Hütelmacher), die christliche von Hütte abgeleitet; ein tschechisches Hidlar wurde vermutet, und ein in Hitlers Heimat wohnender Privatforscher führt den Namen auf einen Hüter oder Hirten (wenn man also will: Führer) zurück. Erwähnt sei, dass unter Hitlers Ahnen väterlicherseits im 17. Jahrhundert ein Bauer namens Johann Salomon in Nieder-Plöttbach (Bezirk Zwettl, Niederösterreich) vorkommt; er ist Adolf Hitlers Ururururgrossvater. Im Gegensatz zur väterlichen zeigt die mütterliche Abstammungslinie Adolf Hitlers die Merkmale einer festen Ruhe. Der Name bleibt von seinem ersten Auftauchen an unverändert bei der Form Pölzl, und bis zur Mutter Adolf Hitlers hinab sitzen diese Ahnen vier Generationen lang unverrückt auf dem Bauernanwesen Nr. 37 in Spital.Ganz anders die fast vagantenhafte Unbeständigkeit der väterlichen Linie. Nicht nur der Name zuckt hin und her; auch der Wohnsitz wechselt in drei Generationen dreimal: Walterschlag, Spital, Strones, Leonding. Die Lebensgeschichte der einzelnen ist tatsächlich bewegt und zeugt von innerer Unrast. Johann Georg Hiedler, der Grossvater des späteren Reichskanzlers, verbringt sein Leben an verschiedenen Orten Niederösterreichs bald als »Bestandmüller«, das heisst Mühlenpächter, bald als »vazierender Müllersgesell«. 1824 heiratet er zum ersten Mal, fünf Monate nach der Eheschliessung wird ein Sohn geboren; Mutter und Kind sterben im Wochenbett (Traubuch, Taufbuch und Sterbebuch des Pfarramts Hoheneich bei Gmünd, Niederösterreich). Dreizehn Jahre später finden wir diesen Hiedler als Müller in Döllersheim, ebenfalls im Bezirk Gmünd. Im benachbarten Strones gebiert die Bauerntochter Anna Maria Schicklgruber am 7. Juni 1837 einen Sohn namens Alois. Fünf Jahre später heiratet die Siebenundvierzigjährige in der Pfarrkirche von Döllersheim den fünfzigjährigen Johann Georg Hiedler, der laut Traubuch der Pfarre Döllersheim damals als »Mütergesell« in Dürenthal lebt. 1847 stirbt Maria Anna Hiedler in Strones. Die Spur Johann Georg Hiedlers verliert sich dann auf Jahrzehnte; Alois trägt jedenfalls nicht seinen Namen, sondern den Mädchennamen der Mutter: Schicklgruber.Alois Schicklgruber-Hitler.Wenn die Abstammung dieses Kindes Alois von Georg Hiedler nach den äusseren Umständen nicht ganz sicher ist, so ist sie aus inneren Gründen wahrscheinlich. Die Unrast im Leben Georg Hiedlers wiederholt und steigert sich in Alois. Wie Georg Hiedler verlässt dieser den Bereich bäuerlicher Lebensführung und sucht nach einer Art Aufstieg. Georg Hiedlers Lebensbahn verliert sich in den späteren Jahrzehnten im Dunkel; Alois findet in dem ersehnten Beamtenberuf anscheinend nicht die volle Befriedigung und bricht diese Laufbahn auffallend früh ab. Dann wandert er unruhig von Ort zu Ort, kauft und verkauft rastlos immer aufs neue bald da, bald dort eine kleine Besitzung. Dreimal ist er verheiratet. Er wächst in Spital auf, wo der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler, als Bauer lebt. Bei einem gewissen Ledermüller lernt er dort das Schuhmacherhandwerk. Eine kleine Anekdote hat sich erhalten: Der junge Mensch habe eines Tages seine Geldbörse samt seinem ganzen Taschengelde, nämlich einen Kreuzer, wütend aus dem Fenster geworfen und gerufen, wenn er schon nicht mehr Geld habe, brauche er auch den Kreuzer nicht. In Wien arbeitete er eine Zeitlang als Schuhmacher. Dann werden die Daten genauer: sein Personalakt als Beamter liegt vor. 1855 trat er in Saalfelden im Lande Salzburg in den Finanzwachtdienst ein, 1864 erreichte er im Avancement einen Posten, der als bürgerliche Sicherung gelten konnte: Er wurde provisorischer Amtsassistent der 11. Dienstklasse beim Hauptzollamt in Braunau am Inn. Elf Tage nach der Beförderung heiratete er zum ersten Mal, und zwar ein Mädchen aus seinem Vorgesetztenkreise: die Adoptivtochter Anna des Zolleinnehmers Josef Hoerer in Radstadt, geboren als Tochter des Steuerbeamten Josef Glasl in Theresienfeld. Spätere Altersfreunde Alois Hitlers in Leonding wollen von ihm gehört haben, die neuen Schwiegereltern seien wohlhabend gewesen und hätten ihm eine behaglichere Lebensführung ermöglicht. Anna Glasl-Hoerer war 1823 geboren, also vierzehn Jahre älter als ihr Gatte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Personalakt wurde sie nach sechzehnjähriger Dauer am 7. November 1880 durch das Bezirksgericht Braunau geschieden.Mündliche Angaben von alten Leuten in Braunau füllen diese Daten mit etwas Leben. Die Angaben über das Naturell Alois Hitlers schwanken; die einen nennen ihn freundlich und gefällig; die andern zugeknöpft und etwas mürrisch. Jedenfalls sei er bildungshungrig und »in Wort und Schrift sehr bewandert« gewesen. Die Mittel der Adoptivschwiegereltern hätten ihm ein gewisses gesellschaftliches Auftreten, so wie den Luxus von Büchern und Reisen ermöglicht.Um seiner kinderlosen und leidenden Frau Zerstreuung und Hilfe zu verschaffen, nahm Alois Schicklgruber das Töchterchen einer Cousine, die kleine Klara Pölzl, ins Haus. Das Mädchen wurde allgemein als Tochter der Familie betrachtet und hiess nach Alois Schicklgrubers Namensänderung das »Hitler Klarerl«.Im Jahre 1876 änderte nämlich Alois Schicklgruber seinen Namen in Hitler. Über diesen Vorgang liegen mehrere Dokumente vor, von denen das interessanteste eine Auskunft des Ordinariats von St. Pölten vom 29. März 1932 ist. Wie sich aus dem dortigen Archiv ergibt, meldete sich am 6. Juni 1876 beim Notariat in Weitra Georg Hitler (so lautet jetzt die Schreibweise); der Mann also, über den seit 1842 keine Daten mehr vorliegen, dessen seitherige Lebensschicksale, ja dessen Sterbetag und -ort bisher nicht ermittelt werden konnten; nur dass er 1883 bereits tot war, geht aus einem anderen Dokument hervor. Dieser vierundachtzigjährige Greis erklärte vor dem Notar in Weitra vor drei Zeugen namens Rameder, Breireneder und Pautsch, er sei der Vater des am 7. Juni 1837 geborenen ausserehelichen Kindes Alois Schicklgruber. Warum er diese Legitimierung seinerzeit bei der Eheschliessung mit der Mutter unterliess, ist aus den verschiedenen Aktenstücken nicht zu erkennen. Unter welchen Umständen sie dann 1876 erfolgte, was für ein Leben Georg Hiedler damals führte, wie er mit seinem Sohne stand und was ihn zu dieser späten Legitimierung veranlasste, darüber schweigen die Dokumente gleichfalls. Die eigentliche Rechtskraft erhielt der Legitimierungsakt im Pfarramt zu Döllersheim, dem Georg Hiedlers notarielle Erklärung von Weitra aus zugeschickt wurde. Dort schreibt der Pfarrer Josef Zahnschirm, auf eine etwas unordentliche und später zu Zweifeln Anlass gebende Art, Alois Schicklgruber am 23. November 1876 im Taufbuch auf Alois Hitler um. Rechtlich war der ganze Vorgang die Nachholung eines Aktes, der schon bei der Eheschliessung 1842 hätte erfolgen sollen und offenbar aus Nachlässigkeit unterblieb; in der Amtssprache heisst er legitimatio pier matrimonium subsequens. Was die Akten verschweigen, müssen die Mitlebenden bekunden. Nach den Erinnerungen eines Altersfreundes von Alois Hitler in Leonding war die Ursache der Namensänderung eine Erbschaftsangelegenheit. Der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler in Spital, also Alois Hitlers Onkel und überdies der Grossvater seiner späteren dritten Frau, hatte nur zwei Töchter, wollte aber, dass der Name nicht aussterbe. Er machte die Namensänderung zur Bedingung eines Legats, das er dem Neffen aussetzte.Merkwürdige Familie.Die Ehe Alois Hitlers mit der um vierzehn Jahre älteren Frau muss für beide Teile nicht leicht gewesen sein, zumal da die Frau immer kränker wurde. Alois Hitler beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Gasthausköchin namens Franziska Matzelsberger. Darauf die Scheidung von der ersten Gattin, nach damaligem österreichischem Recht nur Scheidung von Tisch und Bett, die das Eingehen einer neuen Ehe nicht ermöglicht. Frau Anna Hitler bezieht eine eigene Wohnung, die zwanzigjährige Ziehtochter Klara Pölzl verlässt das Haus und geht nach Wien in Stellung. Franziska Matzelsberger führt Alois Hitler die Wirtschaft und gebiert ihm, noch zu Lebzeiten der ersten Gattin, am 13. Januar 1882 einen Sohn, der den Taufnamen Alois und später durch Legitimierung den Familiennamen Hitler erhält. Nach dem Tode der ersten Gattin - sie stirbt am 6. April 1883 an »Auszehrung« - heiratet Alois Hitler bereits am 22. Mai 1883 Franziska Matzelsberger; am 28. Juli des gleichen Jahres kommt eine Tochter Angela zur Welt. Von den Kollegen Alois Hitlers und ihren Frauen wird die neue Gattin gesellschaftlich geschnitten. Nach kurzer Ehe erkrankt auch Franziska Hitler an einem Lungenleiden und stirbt am 10. August 1884, laut Totenschein an Tuberkulose.Die letzten Lebensmonate hatte sie in dem Ort Ranshofen in der Nähe von Braunau verbracht. Während dieser Zeit war die Ziehtochter Klara Pölzl aus Wien zurückgekommen und hatte Alois Hitler das Haus geführt. Ein halbes Jahr nach dem Tode der zweiten Frau, am 7. Januar 1885, heiratete Alois Hitler die dritte.Klara Pölzl war nicht nur die Ziehtochter ihres neuen Gatten, sondern auch die Tochter einer Cousine. Das war nach kirchlichem Recht »Seitenverwandtschaft im dritten Grad, berührend den zweiten«; ein bischöflicher Dispens war zur Eheschliessung nötig. Wir werden im Leben Adolf Hitlers einen Vorgang kennen lernen, der etwas an des Vaters dritte Ehe erinnert. 0.
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Konrad Heiden (Autor)

Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit [Gebundene Ausgabe] von (2011)

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Weltbild, 2011. 2011. Hardcover. 21,6 x 14,6 x 6 cm. Die erste bedeutende Hitler-Biographie Dieser Doppelband beinhaltet die beiden Bücher "Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit" und "Ein Mann gegen Europa". Erstmals in den Jahren 1936 und 1937 erschienen, schuf der jüdische Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden mit diesen engagiert-kritischen Werken die Basis für spätere Hitler-Biographien. Der erste Teil der Biographie umfasst die Jahre 1919 bis 1933. Der Züricher Verleger Emil Oprecht über Band 1: "Die schonungslose biographische und psychologische Durchleuchtung seiner (Adolf Hitlers) Gestalt allein gibt den Schlüssel für seine politschen Ziele, seine Ideen und damit das entscheidende Verständnis für das, was für die Welt auf dem Spiel steht." In Teil 2 (1933-1936) entlarvt Konrad Heiden Adolf Hitler als einen Gegner Europas, denn "er plant eine Herrschaft weniger Starker über die Masse der Schwachen und fördert darum die Auflösung des heutigen Europa, das zarte Keime eines künftigen europäischen Bundes enthält" Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (Konrad Heiden) [Gebundene Ausgabe] von Konrad Heiden Erster Teil - zum Menschen untauglichI. Heimat und HerkunftNationalhass in ÖsterreichIm Lande der Romantik ist Adolf Hitler geboren. Grün bricht und schäumt von Passau bis Linz die Donau durch schwarze Waldgebirge, weiss leuchten die Klöster und Schlösser von Oberösterreich, auf den Bergspitzen verwittern graue Ruinen. An diesem Strom, dessen Kultur ebenso alt, dessen Geschichte ebenso schwer ist wie die des Rheins, zogen Ostgoten und Hunnen entlang, Langobarden und Bajuvaren, Ungarn und Schwaben, Kreuzfahrer und Türken, Schweden, Franzosen, die deutschen Feldgrauen des Weltkriegs. Ritterliche Sänger schrieben hier im 12. Jahrhundert die verschallenden Sagen der Völkerwanderung in herrlichen Rhythmen aufs Pergament und bewahrten im Liede dem Waldstromland den leuchtenden Namen der Nibelungenstrasse. Im 16. Jahrhundert tränkte der Adel das Land mit rebellischem Bauernblut; Köpfe flogen auf den Rasen, Eingeweide wurden an Baumstämme genagelt.Dome und Lustschlösser liegen über dem ernsten Antlitz des Landes wie ein Lächeln aus weissem, zartem Stein; während die Maurer an ihnen klopften, trieben die Reisigen des Bischofs Tausende von Landeskindern um ihres protestantischen Glaubens willen aus der Heimat. Im 18. Jahrhundert schossen die Grenadiere der Häuser Habsburg und Wittelsbach um dieses Erdenflecks willen einander tot; Habsburg siegte. Im 19. Jahrhundert entsteht längs der Donau jenes düster-elegante Kolonialreich, österreichisch-ungarische Monarchie genannt, das der Welt den Wiener Walzer und den Weltkrieg schenkte und 1918 in Atome zersprang. Eine absolute Fürstenherrschaft über sechs grosse und mehrere kleine Völker, in Abstammung, Sprache, Gesinnung und Kulturgrad voneinander ganz verschieden, die entweder einander beherrschten oder sich voneinanderbefreien wollten. Die Fortgeschrittensten dieser Nationen, Deutsche und Tschechen, stritten in den älteren Teilen Österreichs um die Vorherrschaft; das Herrscherhaus und die hohe Bürokratie drängten den ursprünglich überwiegenden deutschen Einfluss zugunsten der aufstrebenden tschechischen Nation etwas zurück, ohne den tschechischen natürlichen Wünschen gerecht werden zu können. So wuchs ein erbitterter deutscher Nationalhass im alten Nibelungenland, in Oberösterreich und in der Wachau gegen das dem Deutschtum sich entfremdende Herrscherhaus, gegen die ganze österreichische Monarchie und namentlich auch gegen die mit ihr innig verbündete katholische Kirche hoch. Die »Los-von-Rom«-Bewegung des Ritters Georg von Schönerer und seines Genossen Wolf ergriff das gebildete Bürgertum; sie begeisterte sich an dem unter Bismarck und den Hohenzollernkaisern machtvoll aufsteigenden Nachbarreich, verlangte die Auflösung der Habsburger Monarchie und den Anschluss ihrer deutschen Teile an das Deutsche Reich. Mit Neid sieht das österreichische Bürgertum die Wirtschaftsblüte des Reichs unter den Hohenzollernkaisern, die machtvollen Schritte der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt; mit Neid sehen die Fabrikanten von Reichenberg und Steyr Deutschlands gewinnreiche Seeschiffahrt, die geschäftereiche Kolonialpolitik und die Staatsgelder, die auf dem Wege über diese Wirtschaftszweige an tüchtige Kaufleute fliessen. So hat das mächtig sich regende Nationalgefühl der Deutschen Österreichs eine gutgefütterte Unterlage; doch setzt sich oft genug der nationale Hass über alle wirtschaftlichen Berechnungen weg, namentlich im heftigen Streit der Deutschen und Tschechen. Wie immer sind diese Gefühle am stärksten bei den mittleren Schichten, weniger beim national sehr gemischten Proletariat, gar nicht beim hohen Adel. Die Turnerbünde und Schützengilden, die Mittelschulen und Sängerfeste hegen diesen Nationalismus, und beim nächtlichen Gelage auf weinlaubumrankter Terrasse an der Donau singt ein alter Herr mit goldener Brille:Und rinnt von des Römers blinkendem Rand der letzte Tropfen vom Alten, dann ruf ich: Wachau, du mein heimatlich Land, bleibst deutsch uns ewig erhalten!Zu den kleinen Nationen der Monarchie gehörten die Juden, die in einigen Teilen des Landes in geschlossenen Siedlungen und grosser Rückständigkeit lebten; oft mit einer eigentümlichen, ganz uneuropäischen Geistesbildung. In den deutschen und tschechischen Landesteilen assimilieren sie sich schneller und steigen zum Beispiel in Prag zu einer hohen und feinen Kultur auf, geradezu Vorbild und Beispiel ihrer Umgebung; in Galizien bleiben sie der alte Ghetto-Typ. In Wien vereinigen sich diese verschiedenen Kulturgrade zu einem nicht durchweg erfreulichen Gemenge. In Handel und Gewerbe, vielleicht noch mehr in Presse und Literatur erlangt nicht der Jude an sich, sondern ein bestimmter jüdischer Bildungs-Typ zeitweise übermässigen Einfluss, denn diese weit Herumgekommenen kennen die Bedürfnisse aller Schichten und Nationen des Reichs. In dem unruhigen Völkergemisch werden die Juden von keiner Nation endgültig angezogen, wechseln herüber und hinüber, erhalten aus den Ghetto-Siedlungen Galiziens immer wieder Nachschub mit ausgeprägten Nationalzügen und assimilieren sich aus all diesen Gründen als Ganzes langsamer als in anderen Ländern. So entsteht eine von allen Nationen Österreichs gehetzte Zwischenschicht, überwiegend proletarisch, mit wohlhabenden, beneideten und verlästerten Spitzen.Auch die »Los-von-Rom«-Bewegung war scharf antisemitisch; sie erklärte das Judentum für das Symbol jenes österreichischen Völkergemenges, in dem das Deutschtum zugrunde gehe. Dieser Antisemitismus des 19. Jahrhunderts war in Österreich ebenso wie in Deutschland eine absolute Angelegenheit der bürgerlichen Oberschicht, die wiederum geistige Anleihen beim Adel machte und mit ihrer Judenfeindschaft unbewusst feudalen Zwecken diente. Denn der Jude war das Sinnbild der bürgerlichen Emanzipation; jüdische Intellektuelle halfen jene politischen Klassenschranken zerschlagen, mit denen der Feudalismus den Aufstieg des Bürgertums gehemmt hatte. Der Antisemitismus sickert von oben nach unten. Als Adolf Hitler geboren wurde, war er noch nicht bei den Bauern und Kleinbürgern, geschweige denn bei den Proletariern angelangt; Hitlers Vater hätte, wie der Sohn selbst bezeugt, im Antisemitismus ein Zeichen von Unbildung gesehen - mit Recht, denn er verfolgt die Opfer statt der Ursachen eines Übels.Die Vorfahren.Adolf Hitlers Vater ist der uneheliche Sohn einer armen Bauernmagd. Die merkwürdigen Familienverhältnisse Hitlers mag die nebenstehende Stammtafel, die sich zum Teil auf Forschungen des Wiener Genealogen Karl Friedrich von Frank, aber auch auf sonstige Nachforschungen in Kirchenbüchern stützt, etwas verdeutlichen. Dieses Bruchstück einer Ahnentafel zeigt, wie die heutige Namensform Hitler aus einem Sammelsurium verschiedener Klänge und Schreibungen erst sehr spät herauswächst. Es gibt erwiesenermassen viele jüdische Hitlers, und die Ähnlichkeit des sonst seltenen Namens hat zur Suche nach einem jüdischen Einschlag in der Familiengeschichte verleitet. Es ist ein Irrtum. Man hat eine angebliche jüdische Grosstante Adolf Hitlers in einer Klara Hitler feststellen wollen, die am 12. Oktober 1821 von jüdischen Eltern im böhmischen Polna geboren wurde, in Wien getauft worden sei und dann in Spital in Niederösterreich gelebt haben soll. Aber der Aufenthalt dieser Klara Hitler in Spital ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, dass die Grossmutter Adolfs, Johanna Hütler, die Tochter eines katholischen Bauern Johann von Nepomuk Hütler aus Spital war. Die Namensähnlichkeit bleibt immerhin auffällig; auffällig bleibt weiter, dass Spital und Polna verhältnismässig nahe beieinanderliegen; auffällig bleibt schliesslich, dass der Name grade auf der Wanderung von Walterschlag nach Spital sich aus Hiedler in Hüttler verwandelt - denn grade dies ist auch die Form, in der der Name auf dem Grabstein einer Rosalie Müller, geb. Hüttler auf dem jüdischen Friedhof in Polna vorkommt. Auf Gräbern der jüdischen Abteilung des Zentralfriedhofs in Wien heisst es dann bereits Hitler - die Namensform hat sich also in der christlichen wie der jüdischen Familie parallel entwickelt. Welcher Art diese auch sonst oft beobachtete Namensparallelität ist; ob sie einfach aus örtlicher Nachbarschaft sich erklärt oder auf eine bis jetzt nicht geklärte Beziehung hinweist, wäre leichter zu sagen, wenn die Bedeutung des Namens klarer wäre. Man hat die jüdische Form von Hut (Hitler gleich Hütelmacher), die christliche von Hütte abgeleitet; ein tschechisches Hidlar wurde vermutet, und ein in Hitlers Heimat wohnender Privatforscher führt den Namen auf einen Hüter oder Hirten (wenn man also will: Führer) zurück. Erwähnt sei, dass unter Hitlers Ahnen väterlicherseits im 17. Jahrhundert ein Bauer namens Johann Salomon in Nieder-Plöttbach (Bezirk Zwettl, Niederösterreich) vorkommt; er ist Adolf Hitlers Ururururgrossvater. Im Gegensatz zur väterlichen zeigt die mütterliche Abstammungslinie Adolf Hitlers die Merkmale einer festen Ruhe. Der Name bleibt von seinem ersten Auftauchen an unverändert bei der Form Pölzl, und bis zur Mutter Adolf Hitlers hinab sitzen diese Ahnen vier Generationen lang unverrückt auf dem Bauernanwesen Nr. 37 in Spital.Ganz anders die fast vagantenhafte Unbeständigkeit der väterlichen Linie. Nicht nur der Name zuckt hin und her; auch der Wohnsitz wechselt in drei Generationen dreimal: Walterschlag, Spital, Strones, Leonding. Die Lebensgeschichte der einzelnen ist tatsächlich bewegt und zeugt von innerer Unrast. Johann Georg Hiedler, der Grossvater des späteren Reichskanzlers, verbringt sein Leben an verschiedenen Orten Niederösterreichs bald als »Bestandmüller«, das heisst Mühlenpächter, bald als »vazierender Müllersgesell«. 1824 heiratet er zum ersten Mal, fünf Monate nach der Eheschliessung wird ein Sohn geboren; Mutter und Kind sterben im Wochenbett (Traubuch, Taufbuch und Sterbebuch des Pfarramts Hoheneich bei Gmünd, Niederösterreich). Dreizehn Jahre später finden wir diesen Hiedler als Müller in Döllersheim, ebenfalls im Bezirk Gmünd. Im benachbarten Strones gebiert die Bauerntochter Anna Maria Schicklgruber am 7. Juni 1837 einen Sohn namens Alois. Fünf Jahre später heiratet die Siebenundvierzigjährige in der Pfarrkirche von Döllersheim den fünfzigjährigen Johann Georg Hiedler, der laut Traubuch der Pfarre Döllersheim damals als »Mütergesell« in Dürenthal lebt. 1847 stirbt Maria Anna Hiedler in Strones. Die Spur Johann Georg Hiedlers verliert sich dann auf Jahrzehnte; Alois trägt jedenfalls nicht seinen Namen, sondern den Mädchennamen der Mutter: Schicklgruber.Alois Schicklgruber-Hitler.Wenn die Abstammung dieses Kindes Alois von Georg Hiedler nach den äusseren Umständen nicht ganz sicher ist, so ist sie aus inneren Gründen wahrscheinlich. Die Unrast im Leben Georg Hiedlers wiederholt und steigert sich in Alois. Wie Georg Hiedler verlässt dieser den Bereich bäuerlicher Lebensführung und sucht nach einer Art Aufstieg. Georg Hiedlers Lebensbahn verliert sich in den späteren Jahrzehnten im Dunkel; Alois findet in dem ersehnten Beamtenberuf anscheinend nicht die volle Befriedigung und bricht diese Laufbahn auffallend früh ab. Dann wandert er unruhig von Ort zu Ort, kauft und verkauft rastlos immer aufs neue bald da, bald dort eine kleine Besitzung. Dreimal ist er verheiratet. Er wächst in Spital auf, wo der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler, als Bauer lebt. Bei einem gewissen Ledermüller lernt er dort das Schuhmacherhandwerk. Eine kleine Anekdote hat sich erhalten: Der junge Mensch habe eines Tages seine Geldbörse samt seinem ganzen Taschengelde, nämlich einen Kreuzer, wütend aus dem Fenster geworfen und gerufen, wenn er schon nicht mehr Geld habe, brauche er auch den Kreuzer nicht. In Wien arbeitete er eine Zeitlang als Schuhmacher. Dann werden die Daten genauer: sein Personalakt als Beamter liegt vor. 1855 trat er in Saalfelden im Lande Salzburg in den Finanzwachtdienst ein, 1864 erreichte er im Avancement einen Posten, der als bürgerliche Sicherung gelten konnte: Er wurde provisorischer Amtsassistent der 11. Dienstklasse beim Hauptzollamt in Braunau am Inn. Elf Tage nach der Beförderung heiratete er zum ersten Mal, und zwar ein Mädchen aus seinem Vorgesetztenkreise: die Adoptivtochter Anna des Zolleinnehmers Josef Hoerer in Radstadt, geboren als Tochter des Steuerbeamten Josef Glasl in Theresienfeld. Spätere Altersfreunde Alois Hitlers in Leonding wollen von ihm gehört haben, die neuen Schwiegereltern seien wohlhabend gewesen und hätten ihm eine behaglichere Lebensführung ermöglicht. Anna Glasl-Hoerer war 1823 geboren, also vierzehn Jahre älter als ihr Gatte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Personalakt wurde sie nach sechzehnjähriger Dauer am 7. November 1880 durch das Bezirksgericht Braunau geschieden.Mündliche Angaben von alten Leuten in Braunau füllen diese Daten mit etwas Leben. Die Angaben über das Naturell Alois Hitlers schwanken; die einen nennen ihn freundlich und gefällig; die andern zugeknöpft und etwas mürrisch. Jedenfalls sei er bildungshungrig und »in Wort und Schrift sehr bewandert« gewesen. Die Mittel der Adoptivschwiegereltern hätten ihm ein gewisses gesellschaftliches Auftreten, so wie den Luxus von Büchern und Reisen ermöglicht.Um seiner kinderlosen und leidenden Frau Zerstreuung und Hilfe zu verschaffen, nahm Alois Schicklgruber das Töchterchen einer Cousine, die kleine Klara Pölzl, ins Haus. Das Mädchen wurde allgemein als Tochter der Familie betrachtet und hiess nach Alois Schicklgrubers Namensänderung das »Hitler Klarerl«.Im Jahre 1876 änderte nämlich Alois Schicklgruber seinen Namen in Hitler. Über diesen Vorgang liegen mehrere Dokumente vor, von denen das interessanteste eine Auskunft des Ordinariats von St. Pölten vom 29. März 1932 ist. Wie sich aus dem dortigen Archiv ergibt, meldete sich am 6. Juni 1876 beim Notariat in Weitra Georg Hitler (so lautet jetzt die Schreibweise); der Mann also, über den seit 1842 keine Daten mehr vorliegen, dessen seitherige Lebensschicksale, ja dessen Sterbetag und -ort bisher nicht ermittelt werden konnten; nur dass er 1883 bereits tot war, geht aus einem anderen Dokument hervor. Dieser vierundachtzigjährige Greis erklärte vor dem Notar in Weitra vor drei Zeugen namens Rameder, Breireneder und Pautsch, er sei der Vater des am 7. Juni 1837 geborenen ausserehelichen Kindes Alois Schicklgruber. Warum er diese Legitimierung seinerzeit bei der Eheschliessung mit der Mutter unterliess, ist aus den verschiedenen Aktenstücken nicht zu erkennen. Unter welchen Umständen sie dann 1876 erfolgte, was für ein Leben Georg Hiedler damals führte, wie er mit seinem Sohne stand und was ihn zu dieser späten Legitimierung veranlasste, darüber schweigen die Dokumente gleichfalls. Die eigentliche Rechtskraft erhielt der Legitimierungsakt im Pfarramt zu Döllersheim, dem Georg Hiedlers notarielle Erklärung von Weitra aus zugeschickt wurde. Dort schreibt der Pfarrer Josef Zahnschirm, auf eine etwas unordentliche und später zu Zweifeln Anlass gebende Art, Alois Schicklgruber am 23. November 1876 im Taufbuch auf Alois Hitler um. Rechtlich war der ganze Vorgang die Nachholung eines Aktes, der schon bei der Eheschliessung 1842 hätte erfolgen sollen und offenbar aus Nachlässigkeit unterblieb; in der Amtssprache heisst er legitimatio pier matrimonium subsequens. Was die Akten verschweigen, müssen die Mitlebenden bekunden. Nach den Erinnerungen eines Altersfreundes von Alois Hitler in Leonding war die Ursache der Namensänderung eine Erbschaftsangelegenheit. Der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler in Spital, also Alois Hitlers Onkel und überdies der Grossvater seiner späteren dritten Frau, hatte nur zwei Töchter, wollte aber, dass der Name nicht aussterbe. Er machte die Namensänderung zur Bedingung eines Legats, das er dem Neffen aussetzte.Merkwürdige Familie.Die Ehe Alois Hitlers mit der um vierzehn Jahre älteren Frau muss für beide Teile nicht leicht gewesen sein, zumal da die Frau immer kränker wurde. Alois Hitler beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Gasthausköchin namens Franziska Matzelsberger. Darauf die Scheidung von der ersten Gattin, nach damaligem österreichischem Recht nur Scheidung von Tisch und Bett, die das Eingehen einer neuen Ehe nicht ermöglicht. Frau Anna Hitler bezieht eine eigene Wohnung, die zwanzigjährige Ziehtochter Klara Pölzl verlässt das Haus und geht nach Wien in Stellung. Franziska Matzelsberger führt Alois Hitler die Wirtschaft und gebiert ihm, noch zu Lebzeiten der ersten Gattin, am 13. Januar 1882 einen Sohn, der den Taufnamen Alois und später durch Legitimierung den Familiennamen Hitler erhält. Nach dem Tode der ersten Gattin - sie stirbt am 6. April 1883 an »Auszehrung« - heiratet Alois Hitler bereits am 22. Mai 1883 Franziska Matzelsberger; am 28. Juli des gleichen Jahres kommt eine Tochter Angela zur Welt. Von den Kollegen Alois Hitlers und ihren Frauen wird die neue Gattin gesellschaftlich geschnitten. Nach kurzer Ehe erkrankt auch Franziska Hitler an einem Lungenleiden und stirbt am 10. August 1884, laut Totenschein an Tuberkulose.Die letzten Lebensmonate hatte sie in dem Ort Ranshofen in der Nähe von Braunau verbracht. Während dieser Zeit war die Ziehtochter Klara Pölzl aus Wien zurückgekommen und hatte Alois Hitler das Haus geführt. Ein halbes Jahr nach dem Tode der zweiten Frau, am 7. Januar 1885, heiratete Alois Hitler die dritte.Klara Pölzl war nicht nur die Ziehtochter ihres neuen Gatten, sondern auch die Tochter einer Cousine. Das war nach kirchlichem Recht »Seitenverwandtschaft im dritten Grad, berührend den zweiten«; ein bischöflicher Dispens war zur Eheschliessung nötig. Wir werden im Leben Adolf Hitlers einen Vorgang kennen lernen, der etwas an des Vaters dritte Ehe erinnert. 0.
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Konrad Heiden (Autor)

Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit [Gebundene Ausgabe] von (2011)

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ISBN: 9783828909311 bzw. 3828909310, Band: 1, vermutlich in Deutsch, Weltbild, gebundenes Buch.

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Weltbild, 2011. 2011. Hardcover. 21,6 x 14,6 x 6 cm. Die erste bedeutende Hitler-Biographie Dieser Doppelband beinhaltet die beiden Bücher "Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit" und "Ein Mann gegen Europa". Erstmals in den Jahren 1936 und 1937 erschienen, schuf der jüdische Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden mit diesen engagiert-kritischen Werken die Basis für spätere Hitler-Biographien. Der erste Teil der Biographie umfasst die Jahre 1919 bis 1933. Der Züricher Verleger Emil Oprecht über Band 1: "Die schonungslose biographische und psychologische Durchleuchtung seiner (Adolf Hitlers) Gestalt allein gibt den Schlüssel für seine politschen Ziele, seine Ideen und damit das entscheidende Verständnis für das, was für die Welt auf dem Spiel steht." In Teil 2 (1933-1936) entlarvt Konrad Heiden Adolf Hitler als einen Gegner Europas, denn "er plant eine Herrschaft weniger Starker über die Masse der Schwachen und fördert darum die Auflösung des heutigen Europa, das zarte Keime eines künftigen europäischen Bundes enthält" Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (Konrad Heiden) [Gebundene Ausgabe] von Konrad Heiden Erster Teil - zum Menschen untauglichI. Heimat und HerkunftNationalhass in ÖsterreichIm Lande der Romantik ist Adolf Hitler geboren. Grün bricht und schäumt von Passau bis Linz die Donau durch schwarze Waldgebirge, weiss leuchten die Klöster und Schlösser von Oberösterreich, auf den Bergspitzen verwittern graue Ruinen. An diesem Strom, dessen Kultur ebenso alt, dessen Geschichte ebenso schwer ist wie die des Rheins, zogen Ostgoten und Hunnen entlang, Langobarden und Bajuvaren, Ungarn und Schwaben, Kreuzfahrer und Türken, Schweden, Franzosen, die deutschen Feldgrauen des Weltkriegs. Ritterliche Sänger schrieben hier im 12. Jahrhundert die verschallenden Sagen der Völkerwanderung in herrlichen Rhythmen aufs Pergament und bewahrten im Liede dem Waldstromland den leuchtenden Namen der Nibelungenstrasse. Im 16. Jahrhundert tränkte der Adel das Land mit rebellischem Bauernblut; Köpfe flogen auf den Rasen, Eingeweide wurden an Baumstämme genagelt.Dome und Lustschlösser liegen über dem ernsten Antlitz des Landes wie ein Lächeln aus weissem, zartem Stein; während die Maurer an ihnen klopften, trieben die Reisigen des Bischofs Tausende von Landeskindern um ihres protestantischen Glaubens willen aus der Heimat. Im 18. Jahrhundert schossen die Grenadiere der Häuser Habsburg und Wittelsbach um dieses Erdenflecks willen einander tot; Habsburg siegte. Im 19. Jahrhundert entsteht längs der Donau jenes düster-elegante Kolonialreich, österreichisch-ungarische Monarchie genannt, das der Welt den Wiener Walzer und den Weltkrieg schenkte und 1918 in Atome zersprang. Eine absolute Fürstenherrschaft über sechs grosse und mehrere kleine Völker, in Abstammung, Sprache, Gesinnung und Kulturgrad voneinander ganz verschieden, die entweder einander beherrschten oder sich voneinanderbefreien wollten. Die Fortgeschrittensten dieser Nationen, Deutsche und Tschechen, stritten in den älteren Teilen Österreichs um die Vorherrschaft; das Herrscherhaus und die hohe Bürokratie drängten den ursprünglich überwiegenden deutschen Einfluss zugunsten der aufstrebenden tschechischen Nation etwas zurück, ohne den tschechischen natürlichen Wünschen gerecht werden zu können. So wuchs ein erbitterter deutscher Nationalhass im alten Nibelungenland, in Oberösterreich und in der Wachau gegen das dem Deutschtum sich entfremdende Herrscherhaus, gegen die ganze österreichische Monarchie und namentlich auch gegen die mit ihr innig verbündete katholische Kirche hoch. Die »Los-von-Rom«-Bewegung des Ritters Georg von Schönerer und seines Genossen Wolf ergriff das gebildete Bürgertum; sie begeisterte sich an dem unter Bismarck und den Hohenzollernkaisern machtvoll aufsteigenden Nachbarreich, verlangte die Auflösung der Habsburger Monarchie und den Anschluss ihrer deutschen Teile an das Deutsche Reich. Mit Neid sieht das österreichische Bürgertum die Wirtschaftsblüte des Reichs unter den Hohenzollernkaisern, die machtvollen Schritte der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt; mit Neid sehen die Fabrikanten von Reichenberg und Steyr Deutschlands gewinnreiche Seeschiffahrt, die geschäftereiche Kolonialpolitik und die Staatsgelder, die auf dem Wege über diese Wirtschaftszweige an tüchtige Kaufleute fliessen. So hat das mächtig sich regende Nationalgefühl der Deutschen Österreichs eine gutgefütterte Unterlage; doch setzt sich oft genug der nationale Hass über alle wirtschaftlichen Berechnungen weg, namentlich im heftigen Streit der Deutschen und Tschechen. Wie immer sind diese Gefühle am stärksten bei den mittleren Schichten, weniger beim national sehr gemischten Proletariat, gar nicht beim hohen Adel. Die Turnerbünde und Schützengilden, die Mittelschulen und Sängerfeste hegen diesen Nationalismus, und beim nächtlichen Gelage auf weinlaubumrankter Terrasse an der Donau singt ein alter Herr mit goldener Brille:Und rinnt von des Römers blinkendem Rand der letzte Tropfen vom Alten, dann ruf ich: Wachau, du mein heimatlich Land, bleibst deutsch uns ewig erhalten!Zu den kleinen Nationen der Monarchie gehörten die Juden, die in einigen Teilen des Landes in geschlossenen Siedlungen und grosser Rückständigkeit lebten; oft mit einer eigentümlichen, ganz uneuropäischen Geistesbildung. In den deutschen und tschechischen Landesteilen assimilieren sie sich schneller und steigen zum Beispiel in Prag zu einer hohen und feinen Kultur auf, geradezu Vorbild und Beispiel ihrer Umgebung; in Galizien bleiben sie der alte Ghetto-Typ. In Wien vereinigen sich diese verschiedenen Kulturgrade zu einem nicht durchweg erfreulichen Gemenge. In Handel und Gewerbe, vielleicht noch mehr in Presse und Literatur erlangt nicht der Jude an sich, sondern ein bestimmter jüdischer Bildungs-Typ zeitweise übermässigen Einfluss, denn diese weit Herumgekommenen kennen die Bedürfnisse aller Schichten und Nationen des Reichs. In dem unruhigen Völkergemisch werden die Juden von keiner Nation endgültig angezogen, wechseln herüber und hinüber, erhalten aus den Ghetto-Siedlungen Galiziens immer wieder Nachschub mit ausgeprägten Nationalzügen und assimilieren sich aus all diesen Gründen als Ganzes langsamer als in anderen Ländern. So entsteht eine von allen Nationen Österreichs gehetzte Zwischenschicht, überwiegend proletarisch, mit wohlhabenden, beneideten und verlästerten Spitzen.Auch die »Los-von-Rom«-Bewegung war scharf antisemitisch; sie erklärte das Judentum für das Symbol jenes österreichischen Völkergemenges, in dem das Deutschtum zugrunde gehe. Dieser Antisemitismus des 19. Jahrhunderts war in Österreich ebenso wie in Deutschland eine absolute Angelegenheit der bürgerlichen Oberschicht, die wiederum geistige Anleihen beim Adel machte und mit ihrer Judenfeindschaft unbewusst feudalen Zwecken diente. Denn der Jude war das Sinnbild der bürgerlichen Emanzipation; jüdische Intellektuelle halfen jene politischen Klassenschranken zerschlagen, mit denen der Feudalismus den Aufstieg des Bürgertums gehemmt hatte. Der Antisemitismus sickert von oben nach unten. Als Adolf Hitler geboren wurde, war er noch nicht bei den Bauern und Kleinbürgern, geschweige denn bei den Proletariern angelangt; Hitlers Vater hätte, wie der Sohn selbst bezeugt, im Antisemitismus ein Zeichen von Unbildung gesehen - mit Recht, denn er verfolgt die Opfer statt der Ursachen eines Übels.Die Vorfahren.Adolf Hitlers Vater ist der uneheliche Sohn einer armen Bauernmagd. Die merkwürdigen Familienverhältnisse Hitlers mag die nebenstehende Stammtafel, die sich zum Teil auf Forschungen des Wiener Genealogen Karl Friedrich von Frank, aber auch auf sonstige Nachforschungen in Kirchenbüchern stützt, etwas verdeutlichen. Dieses Bruchstück einer Ahnentafel zeigt, wie die heutige Namensform Hitler aus einem Sammelsurium verschiedener Klänge und Schreibungen erst sehr spät herauswächst. Es gibt erwiesenermassen viele jüdische Hitlers, und die Ähnlichkeit des sonst seltenen Namens hat zur Suche nach einem jüdischen Einschlag in der Familiengeschichte verleitet. Es ist ein Irrtum. Man hat eine angebliche jüdische Grosstante Adolf Hitlers in einer Klara Hitler feststellen wollen, die am 12. Oktober 1821 von jüdischen Eltern im böhmischen Polna geboren wurde, in Wien getauft worden sei und dann in Spital in Niederösterreich gelebt haben soll. Aber der Aufenthalt dieser Klara Hitler in Spital ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, dass die Grossmutter Adolfs, Johanna Hütler, die Tochter eines katholischen Bauern Johann von Nepomuk Hütler aus Spital war. Die Namensähnlichkeit bleibt immerhin auffällig; auffällig bleibt weiter, dass Spital und Polna verhältnismässig nahe beieinanderliegen; auffällig bleibt schliesslich, dass der Name grade auf der Wanderung von Walterschlag nach Spital sich aus Hiedler in Hüttler verwandelt - denn grade dies ist auch die Form, in der der Name auf dem Grabstein einer Rosalie Müller, geb. Hüttler auf dem jüdischen Friedhof in Polna vorkommt. Auf Gräbern der jüdischen Abteilung des Zentralfriedhofs in Wien heisst es dann bereits Hitler - die Namensform hat sich also in der christlichen wie der jüdischen Familie parallel entwickelt. Welcher Art diese auch sonst oft beobachtete Namensparallelität ist; ob sie einfach aus örtlicher Nachbarschaft sich erklärt oder auf eine bis jetzt nicht geklärte Beziehung hinweist, wäre leichter zu sagen, wenn die Bedeutung des Namens klarer wäre. Man hat die jüdische Form von Hut (Hitler gleich Hütelmacher), die christliche von Hütte abgeleitet; ein tschechisches Hidlar wurde vermutet, und ein in Hitlers Heimat wohnender Privatforscher führt den Namen auf einen Hüter oder Hirten (wenn man also will: Führer) zurück. Erwähnt sei, dass unter Hitlers Ahnen väterlicherseits im 17. Jahrhundert ein Bauer namens Johann Salomon in Nieder-Plöttbach (Bezirk Zwettl, Niederösterreich) vorkommt; er ist Adolf Hitlers Ururururgrossvater. Im Gegensatz zur väterlichen zeigt die mütterliche Abstammungslinie Adolf Hitlers die Merkmale einer festen Ruhe. Der Name bleibt von seinem ersten Auftauchen an unverändert bei der Form Pölzl, und bis zur Mutter Adolf Hitlers hinab sitzen diese Ahnen vier Generationen lang unverrückt auf dem Bauernanwesen Nr. 37 in Spital.Ganz anders die fast vagantenhafte Unbeständigkeit der väterlichen Linie. Nicht nur der Name zuckt hin und her; auch der Wohnsitz wechselt in drei Generationen dreimal: Walterschlag, Spital, Strones, Leonding. Die Lebensgeschichte der einzelnen ist tatsächlich bewegt und zeugt von innerer Unrast. Johann Georg Hiedler, der Grossvater des späteren Reichskanzlers, verbringt sein Leben an verschiedenen Orten Niederösterreichs bald als »Bestandmüller«, das heisst Mühlenpächter, bald als »vazierender Müllersgesell«. 1824 heiratet er zum ersten Mal, fünf Monate nach der Eheschliessung wird ein Sohn geboren; Mutter und Kind sterben im Wochenbett (Traubuch, Taufbuch und Sterbebuch des Pfarramts Hoheneich bei Gmünd, Niederösterreich). Dreizehn Jahre später finden wir diesen Hiedler als Müller in Döllersheim, ebenfalls im Bezirk Gmünd. Im benachbarten Strones gebiert die Bauerntochter Anna Maria Schicklgruber am 7. Juni 1837 einen Sohn namens Alois. Fünf Jahre später heiratet die Siebenundvierzigjährige in der Pfarrkirche von Döllersheim den fünfzigjährigen Johann Georg Hiedler, der laut Traubuch der Pfarre Döllersheim damals als »Mütergesell« in Dürenthal lebt. 1847 stirbt Maria Anna Hiedler in Strones. Die Spur Johann Georg Hiedlers verliert sich dann auf Jahrzehnte; Alois trägt jedenfalls nicht seinen Namen, sondern den Mädchennamen der Mutter: Schicklgruber.Alois Schicklgruber-Hitler.Wenn die Abstammung dieses Kindes Alois von Georg Hiedler nach den äusseren Umständen nicht ganz sicher ist, so ist sie aus inneren Gründen wahrscheinlich. Die Unrast im Leben Georg Hiedlers wiederholt und steigert sich in Alois. Wie Georg Hiedler verlässt dieser den Bereich bäuerlicher Lebensführung und sucht nach einer Art Aufstieg. Georg Hiedlers Lebensbahn verliert sich in den späteren Jahrzehnten im Dunkel; Alois findet in dem ersehnten Beamtenberuf anscheinend nicht die volle Befriedigung und bricht diese Laufbahn auffallend früh ab. Dann wandert er unruhig von Ort zu Ort, kauft und verkauft rastlos immer aufs neue bald da, bald dort eine kleine Besitzung. Dreimal ist er verheiratet. Er wächst in Spital auf, wo der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler, als Bauer lebt. Bei einem gewissen Ledermüller lernt er dort das Schuhmacherhandwerk. Eine kleine Anekdote hat sich erhalten: Der junge Mensch habe eines Tages seine Geldbörse samt seinem ganzen Taschengelde, nämlich einen Kreuzer, wütend aus dem Fenster geworfen und gerufen, wenn er schon nicht mehr Geld habe, brauche er auch den Kreuzer nicht. In Wien arbeitete er eine Zeitlang als Schuhmacher. Dann werden die Daten genauer: sein Personalakt als Beamter liegt vor. 1855 trat er in Saalfelden im Lande Salzburg in den Finanzwachtdienst ein, 1864 erreichte er im Avancement einen Posten, der als bürgerliche Sicherung gelten konnte: Er wurde provisorischer Amtsassistent der 11. Dienstklasse beim Hauptzollamt in Braunau am Inn. Elf Tage nach der Beförderung heiratete er zum ersten Mal, und zwar ein Mädchen aus seinem Vorgesetztenkreise: die Adoptivtochter Anna des Zolleinnehmers Josef Hoerer in Radstadt, geboren als Tochter des Steuerbeamten Josef Glasl in Theresienfeld. Spätere Altersfreunde Alois Hitlers in Leonding wollen von ihm gehört haben, die neuen Schwiegereltern seien wohlhabend gewesen und hätten ihm eine behaglichere Lebensführung ermöglicht. Anna Glasl-Hoerer war 1823 geboren, also vierzehn Jahre älter als ihr Gatte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Personalakt wurde sie nach sechzehnjähriger Dauer am 7. November 1880 durch das Bezirksgericht Braunau geschieden.Mündliche Angaben von alten Leuten in Braunau füllen diese Daten mit etwas Leben. Die Angaben über das Naturell Alois Hitlers schwanken; die einen nennen ihn freundlich und gefällig; die andern zugeknöpft und etwas mürrisch. Jedenfalls sei er bildungshungrig und »in Wort und Schrift sehr bewandert« gewesen. Die Mittel der Adoptivschwiegereltern hätten ihm ein gewisses gesellschaftliches Auftreten, so wie den Luxus von Büchern und Reisen ermöglicht.Um seiner kinderlosen und leidenden Frau Zerstreuung und Hilfe zu verschaffen, nahm Alois Schicklgruber das Töchterchen einer Cousine, die kleine Klara Pölzl, ins Haus. Das Mädchen wurde allgemein als Tochter der Familie betrachtet und hiess nach Alois Schicklgrubers Namensänderung das »Hitler Klarerl«.Im Jahre 1876 änderte nämlich Alois Schicklgruber seinen Namen in Hitler. Über diesen Vorgang liegen mehrere Dokumente vor, von denen das interessanteste eine Auskunft des Ordinariats von St. Pölten vom 29. März 1932 ist. Wie sich aus dem dortigen Archiv ergibt, meldete sich am 6. Juni 1876 beim Notariat in Weitra Georg Hitler (so lautet jetzt die Schreibweise); der Mann also, über den seit 1842 keine Daten mehr vorliegen, dessen seitherige Lebensschicksale, ja dessen Sterbetag und -ort bisher nicht ermittelt werden konnten; nur dass er 1883 bereits tot war, geht aus einem anderen Dokument hervor. Dieser vierundachtzigjährige Greis erklärte vor dem Notar in Weitra vor drei Zeugen namens Rameder, Breireneder und Pautsch, er sei der Vater des am 7. Juni 1837 geborenen ausserehelichen Kindes Alois Schicklgruber. Warum er diese Legitimierung seinerzeit bei der Eheschliessung mit der Mutter unterliess, ist aus den verschiedenen Aktenstücken nicht zu erkennen. Unter welchen Umständen sie dann 1876 erfolgte, was für ein Leben Georg Hiedler damals führte, wie er mit seinem Sohne stand und was ihn zu dieser späten Legitimierung veranlasste, darüber schweigen die Dokumente gleichfalls. Die eigentliche Rechtskraft erhielt der Legitimierungsakt im Pfarramt zu Döllersheim, dem Georg Hiedlers notarielle Erklärung von Weitra aus zugeschickt wurde. Dort schreibt der Pfarrer Josef Zahnschirm, auf eine etwas unordentliche und später zu Zweifeln Anlass gebende Art, Alois Schicklgruber am 23. November 1876 im Taufbuch auf Alois Hitler um. Rechtlich war der ganze Vorgang die Nachholung eines Aktes, der schon bei der Eheschliessung 1842 hätte erfolgen sollen und offenbar aus Nachlässigkeit unterblieb; in der Amtssprache heisst er legitimatio pier matrimonium subsequens. Was die Akten verschweigen, müssen die Mitlebenden bekunden. Nach den Erinnerungen eines Altersfreundes von Alois Hitler in Leonding war die Ursache der Namensänderung eine Erbschaftsangelegenheit. Der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler in Spital, also Alois Hitlers Onkel und überdies der Grossvater seiner späteren dritten Frau, hatte nur zwei Töchter, wollte aber, dass der Name nicht aussterbe. Er machte die Namensänderung zur Bedingung eines Legats, das er dem Neffen aussetzte.Merkwürdige Familie.Die Ehe Alois Hitlers mit der um vierzehn Jahre älteren Frau muss für beide Teile nicht leicht gewesen sein, zumal da die Frau immer kränker wurde. Alois Hitler beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Gasthausköchin namens Franziska Matzelsberger. Darauf die Scheidung von der ersten Gattin, nach damaligem österreichischem Recht nur Scheidung von Tisch und Bett, die das Eingehen einer neuen Ehe nicht ermöglicht. Frau Anna Hitler bezieht eine eigene Wohnung, die zwanzigjährige Ziehtochter Klara Pölzl verlässt das Haus und geht nach Wien in Stellung. Franziska Matzelsberger führt Alois Hitler die Wirtschaft und gebiert ihm, noch zu Lebzeiten der ersten Gattin, am 13. Januar 1882 einen Sohn, der den Taufnamen Alois und später durch Legitimierung den Familiennamen Hitler erhält. Nach dem Tode der ersten Gattin - sie stirbt am 6. April 1883 an »Auszehrung« - heiratet Alois Hitler bereits am 22. Mai 1883 Franziska Matzelsberger; am 28. Juli des gleichen Jahres kommt eine Tochter Angela zur Welt. Von den Kollegen Alois Hitlers und ihren Frauen wird die neue Gattin gesellschaftlich geschnitten. Nach kurzer Ehe erkrankt auch Franziska Hitler an einem Lungenleiden und stirbt am 10. August 1884, laut Totenschein an Tuberkulose.Die letzten Lebensmonate hatte sie in dem Ort Ranshofen in der Nähe von Braunau verbracht. Während dieser Zeit war die Ziehtochter Klara Pölzl aus Wien zurückgekommen und hatte Alois Hitler das Haus geführt. Ein halbes Jahr nach dem Tode der zweiten Frau, am 7. Januar 1885, heiratete Alois Hitler die dritte.Klara Pölzl war nicht nur die Ziehtochter ihres neuen Gatten, sondern auch die Tochter einer Cousine. Das war nach kirchlichem Recht »Seitenverwandtschaft im dritten Grad, berührend den zweiten«; ein bischöflicher Dispens war zur Eheschliessung nötig. Wir werden im Leben Adolf Hitlers einen Vorgang kennen lernen, der etwas an des Vaters dritte Ehe erinnert. 0.
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Konrad Heiden (Autor)

Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit [Gebundene Ausgabe] von (2011)

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Weltbild, 2011. 2011. Hardcover. 21,6 x 14,6 x 6 cm. Die erste bedeutende Hitler-Biographie Dieser Doppelband beinhaltet die beiden Bücher "Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit" und "Ein Mann gegen Europa". Erstmals in den Jahren 1936 und 1937 erschienen, schuf der jüdische Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden mit diesen engagiert-kritischen Werken die Basis für spätere Hitler-Biographien. Der erste Teil der Biographie umfasst die Jahre 1919 bis 1933. Der Züricher Verleger Emil Oprecht über Band 1: "Die schonungslose biographische und psychologische Durchleuchtung seiner (Adolf Hitlers) Gestalt allein gibt den Schlüssel für seine politschen Ziele, seine Ideen und damit das entscheidende Verständnis für das, was für die Welt auf dem Spiel steht." In Teil 2 (1933-1936) entlarvt Konrad Heiden Adolf Hitler als einen Gegner Europas, denn "er plant eine Herrschaft weniger Starker über die Masse der Schwachen und fördert darum die Auflösung des heutigen Europa, das zarte Keime eines künftigen europäischen Bundes enthält" Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (Konrad Heiden) [Gebundene Ausgabe] von Konrad Heiden Erster Teil - zum Menschen untauglichI. Heimat und HerkunftNationalhass in ÖsterreichIm Lande der Romantik ist Adolf Hitler geboren. Grün bricht und schäumt von Passau bis Linz die Donau durch schwarze Waldgebirge, weiss leuchten die Klöster und Schlösser von Oberösterreich, auf den Bergspitzen verwittern graue Ruinen. An diesem Strom, dessen Kultur ebenso alt, dessen Geschichte ebenso schwer ist wie die des Rheins, zogen Ostgoten und Hunnen entlang, Langobarden und Bajuvaren, Ungarn und Schwaben, Kreuzfahrer und Türken, Schweden, Franzosen, die deutschen Feldgrauen des Weltkriegs. Ritterliche Sänger schrieben hier im 12. Jahrhundert die verschallenden Sagen der Völkerwanderung in herrlichen Rhythmen aufs Pergament und bewahrten im Liede dem Waldstromland den leuchtenden Namen der Nibelungenstrasse. Im 16. Jahrhundert tränkte der Adel das Land mit rebellischem Bauernblut; Köpfe flogen auf den Rasen, Eingeweide wurden an Baumstämme genagelt.Dome und Lustschlösser liegen über dem ernsten Antlitz des Landes wie ein Lächeln aus weissem, zartem Stein; während die Maurer an ihnen klopften, trieben die Reisigen des Bischofs Tausende von Landeskindern um ihres protestantischen Glaubens willen aus der Heimat. Im 18. Jahrhundert schossen die Grenadiere der Häuser Habsburg und Wittelsbach um dieses Erdenflecks willen einander tot; Habsburg siegte. Im 19. Jahrhundert entsteht längs der Donau jenes düster-elegante Kolonialreich, österreichisch-ungarische Monarchie genannt, das der Welt den Wiener Walzer und den Weltkrieg schenkte und 1918 in Atome zersprang. Eine absolute Fürstenherrschaft über sechs grosse und mehrere kleine Völker, in Abstammung, Sprache, Gesinnung und Kulturgrad voneinander ganz verschieden, die entweder einander beherrschten oder sich voneinanderbefreien wollten. Die Fortgeschrittensten dieser Nationen, Deutsche und Tschechen, stritten in den älteren Teilen Österreichs um die Vorherrschaft; das Herrscherhaus und die hohe Bürokratie drängten den ursprünglich überwiegenden deutschen Einfluss zugunsten der aufstrebenden tschechischen Nation etwas zurück, ohne den tschechischen natürlichen Wünschen gerecht werden zu können. So wuchs ein erbitterter deutscher Nationalhass im alten Nibelungenland, in Oberösterreich und in der Wachau gegen das dem Deutschtum sich entfremdende Herrscherhaus, gegen die ganze österreichische Monarchie und namentlich auch gegen die mit ihr innig verbündete katholische Kirche hoch. Die »Los-von-Rom«-Bewegung des Ritters Georg von Schönerer und seines Genossen Wolf ergriff das gebildete Bürgertum; sie begeisterte sich an dem unter Bismarck und den Hohenzollernkaisern machtvoll aufsteigenden Nachbarreich, verlangte die Auflösung der Habsburger Monarchie und den Anschluss ihrer deutschen Teile an das Deutsche Reich. Mit Neid sieht das österreichische Bürgertum die Wirtschaftsblüte des Reichs unter den Hohenzollernkaisern, die machtvollen Schritte der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt; mit Neid sehen die Fabrikanten von Reichenberg und Steyr Deutschlands gewinnreiche Seeschiffahrt, die geschäftereiche Kolonialpolitik und die Staatsgelder, die auf dem Wege über diese Wirtschaftszweige an tüchtige Kaufleute fliessen. So hat das mächtig sich regende Nationalgefühl der Deutschen Österreichs eine gutgefütterte Unterlage; doch setzt sich oft genug der nationale Hass über alle wirtschaftlichen Berechnungen weg, namentlich im heftigen Streit der Deutschen und Tschechen. Wie immer sind diese Gefühle am stärksten bei den mittleren Schichten, weniger beim national sehr gemischten Proletariat, gar nicht beim hohen Adel. Die Turnerbünde und Schützengilden, die Mittelschulen und Sängerfeste hegen diesen Nationalismus, und beim nächtlichen Gelage auf weinlaubumrankter Terrasse an der Donau singt ein alter Herr mit goldener Brille:Und rinnt von des Römers blinkendem Rand der letzte Tropfen vom Alten, dann ruf ich: Wachau, du mein heimatlich Land, bleibst deutsch uns ewig erhalten!Zu den kleinen Nationen der Monarchie gehörten die Juden, die in einigen Teilen des Landes in geschlossenen Siedlungen und grosser Rückständigkeit lebten; oft mit einer eigentümlichen, ganz uneuropäischen Geistesbildung. In den deutschen und tschechischen Landesteilen assimilieren sie sich schneller und steigen zum Beispiel in Prag zu einer hohen und feinen Kultur auf, geradezu Vorbild und Beispiel ihrer Umgebung; in Galizien bleiben sie der alte Ghetto-Typ. In Wien vereinigen sich diese verschiedenen Kulturgrade zu einem nicht durchweg erfreulichen Gemenge. In Handel und Gewerbe, vielleicht noch mehr in Presse und Literatur erlangt nicht der Jude an sich, sondern ein bestimmter jüdischer Bildungs-Typ zeitweise übermässigen Einfluss, denn diese weit Herumgekommenen kennen die Bedürfnisse aller Schichten und Nationen des Reichs. In dem unruhigen Völkergemisch werden die Juden von keiner Nation endgültig angezogen, wechseln herüber und hinüber, erhalten aus den Ghetto-Siedlungen Galiziens immer wieder Nachschub mit ausgeprägten Nationalzügen und assimilieren sich aus all diesen Gründen als Ganzes langsamer als in anderen Ländern. So entsteht eine von allen Nationen Österreichs gehetzte Zwischenschicht, überwiegend proletarisch, mit wohlhabenden, beneideten und verlästerten Spitzen.Auch die »Los-von-Rom«-Bewegung war scharf antisemitisch; sie erklärte das Judentum für das Symbol jenes österreichischen Völkergemenges, in dem das Deutschtum zugrunde gehe. Dieser Antisemitismus des 19. Jahrhunderts war in Österreich ebenso wie in Deutschland eine absolute Angelegenheit der bürgerlichen Oberschicht, die wiederum geistige Anleihen beim Adel machte und mit ihrer Judenfeindschaft unbewusst feudalen Zwecken diente. Denn der Jude war das Sinnbild der bürgerlichen Emanzipation; jüdische Intellektuelle halfen jene politischen Klassenschranken zerschlagen, mit denen der Feudalismus den Aufstieg des Bürgertums gehemmt hatte. Der Antisemitismus sickert von oben nach unten. Als Adolf Hitler geboren wurde, war er noch nicht bei den Bauern und Kleinbürgern, geschweige denn bei den Proletariern angelangt; Hitlers Vater hätte, wie der Sohn selbst bezeugt, im Antisemitismus ein Zeichen von Unbildung gesehen - mit Recht, denn er verfolgt die Opfer statt der Ursachen eines Übels.Die Vorfahren.Adolf Hitlers Vater ist der uneheliche Sohn einer armen Bauernmagd. Die merkwürdigen Familienverhältnisse Hitlers mag die nebenstehende Stammtafel, die sich zum Teil auf Forschungen des Wiener Genealogen Karl Friedrich von Frank, aber auch auf sonstige Nachforschungen in Kirchenbüchern stützt, etwas verdeutlichen. Dieses Bruchstück einer Ahnentafel zeigt, wie die heutige Namensform Hitler aus einem Sammelsurium verschiedener Klänge und Schreibungen erst sehr spät herauswächst. Es gibt erwiesenermassen viele jüdische Hitlers, und die Ähnlichkeit des sonst seltenen Namens hat zur Suche nach einem jüdischen Einschlag in der Familiengeschichte verleitet. Es ist ein Irrtum. Man hat eine angebliche jüdische Grosstante Adolf Hitlers in einer Klara Hitler feststellen wollen, die am 12. Oktober 1821 von jüdischen Eltern im böhmischen Polna geboren wurde, in Wien getauft worden sei und dann in Spital in Niederösterreich gelebt haben soll. Aber der Aufenthalt dieser Klara Hitler in Spital ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, dass die Grossmutter Adolfs, Johanna Hütler, die Tochter eines katholischen Bauern Johann von Nepomuk Hütler aus Spital war. Die Namensähnlichkeit bleibt immerhin auffällig; auffällig bleibt weiter, dass Spital und Polna verhältnismässig nahe beieinanderliegen; auffällig bleibt schliesslich, dass der Name grade auf der Wanderung von Walterschlag nach Spital sich aus Hiedler in Hüttler verwandelt - denn grade dies ist auch die Form, in der der Name auf dem Grabstein einer Rosalie Müller, geb. Hüttler auf dem jüdischen Friedhof in Polna vorkommt. Auf Gräbern der jüdischen Abteilung des Zentralfriedhofs in Wien heisst es dann bereits Hitler - die Namensform hat sich also in der christlichen wie der jüdischen Familie parallel entwickelt. Welcher Art diese auch sonst oft beobachtete Namensparallelität ist; ob sie einfach aus örtlicher Nachbarschaft sich erklärt oder auf eine bis jetzt nicht geklärte Beziehung hinweist, wäre leichter zu sagen, wenn die Bedeutung des Namens klarer wäre. Man hat die jüdische Form von Hut (Hitler gleich Hütelmacher), die christliche von Hütte abgeleitet; ein tschechisches Hidlar wurde vermutet, und ein in Hitlers Heimat wohnender Privatforscher führt den Namen auf einen Hüter oder Hirten (wenn man also will: Führer) zurück. Erwähnt sei, dass unter Hitlers Ahnen väterlicherseits im 17. Jahrhundert ein Bauer namens Johann Salomon in Nieder-Plöttbach (Bezirk Zwettl, Niederösterreich) vorkommt; er ist Adolf Hitlers Ururururgrossvater. Im Gegensatz zur väterlichen zeigt die mütterliche Abstammungslinie Adolf Hitlers die Merkmale einer festen Ruhe. Der Name bleibt von seinem ersten Auftauchen an unverändert bei der Form Pölzl, und bis zur Mutter Adolf Hitlers hinab sitzen diese Ahnen vier Generationen lang unverrückt auf dem Bauernanwesen Nr. 37 in Spital.Ganz anders die fast vagantenhafte Unbeständigkeit der väterlichen Linie. Nicht nur der Name zuckt hin und her; auch der Wohnsitz wechselt in drei Generationen dreimal: Walterschlag, Spital, Strones, Leonding. Die Lebensgeschichte der einzelnen ist tatsächlich bewegt und zeugt von innerer Unrast. Johann Georg Hiedler, der Grossvater des späteren Reichskanzlers, verbringt sein Leben an verschiedenen Orten Niederösterreichs bald als »Bestandmüller«, das heisst Mühlenpächter, bald als »vazierender Müllersgesell«. 1824 heiratet er zum ersten Mal, fünf Monate nach der Eheschliessung wird ein Sohn geboren; Mutter und Kind sterben im Wochenbett (Traubuch, Taufbuch und Sterbebuch des Pfarramts Hoheneich bei Gmünd, Niederösterreich). Dreizehn Jahre später finden wir diesen Hiedler als Müller in Döllersheim, ebenfalls im Bezirk Gmünd. Im benachbarten Strones gebiert die Bauerntochter Anna Maria Schicklgruber am 7. Juni 1837 einen Sohn namens Alois. Fünf Jahre später heiratet die Siebenundvierzigjährige in der Pfarrkirche von Döllersheim den fünfzigjährigen Johann Georg Hiedler, der laut Traubuch der Pfarre Döllersheim damals als »Mütergesell« in Dürenthal lebt. 1847 stirbt Maria Anna Hiedler in Strones. Die Spur Johann Georg Hiedlers verliert sich dann auf Jahrzehnte; Alois trägt jedenfalls nicht seinen Namen, sondern den Mädchennamen der Mutter: Schicklgruber.Alois Schicklgruber-Hitler.Wenn die Abstammung dieses Kindes Alois von Georg Hiedler nach den äusseren Umständen nicht ganz sicher ist, so ist sie aus inneren Gründen wahrscheinlich. Die Unrast im Leben Georg Hiedlers wiederholt und steigert sich in Alois. Wie Georg Hiedler verlässt dieser den Bereich bäuerlicher Lebensführung und sucht nach einer Art Aufstieg. Georg Hiedlers Lebensbahn verliert sich in den späteren Jahrzehnten im Dunkel; Alois findet in dem ersehnten Beamtenberuf anscheinend nicht die volle Befriedigung und bricht diese Laufbahn auffallend früh ab. Dann wandert er unruhig von Ort zu Ort, kauft und verkauft rastlos immer aufs neue bald da, bald dort eine kleine Besitzung. Dreimal ist er verheiratet. Er wächst in Spital auf, wo der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler, als Bauer lebt. Bei einem gewissen Ledermüller lernt er dort das Schuhmacherhandwerk. Eine kleine Anekdote hat sich erhalten: Der junge Mensch habe eines Tages seine Geldbörse samt seinem ganzen Taschengelde, nämlich einen Kreuzer, wütend aus dem Fenster geworfen und gerufen, wenn er schon nicht mehr Geld habe, brauche er auch den Kreuzer nicht. In Wien arbeitete er eine Zeitlang als Schuhmacher. Dann werden die Daten genauer: sein Personalakt als Beamter liegt vor. 1855 trat er in Saalfelden im Lande Salzburg in den Finanzwachtdienst ein, 1864 erreichte er im Avancement einen Posten, der als bürgerliche Sicherung gelten konnte: Er wurde provisorischer Amtsassistent der 11. Dienstklasse beim Hauptzollamt in Braunau am Inn. Elf Tage nach der Beförderung heiratete er zum ersten Mal, und zwar ein Mädchen aus seinem Vorgesetztenkreise: die Adoptivtochter Anna des Zolleinnehmers Josef Hoerer in Radstadt, geboren als Tochter des Steuerbeamten Josef Glasl in Theresienfeld. Spätere Altersfreunde Alois Hitlers in Leonding wollen von ihm gehört haben, die neuen Schwiegereltern seien wohlhabend gewesen und hätten ihm eine behaglichere Lebensführung ermöglicht. Anna Glasl-Hoerer war 1823 geboren, also vierzehn Jahre älter als ihr Gatte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Personalakt wurde sie nach sechzehnjähriger Dauer am 7. November 1880 durch das Bezirksgericht Braunau geschieden.Mündliche Angaben von alten Leuten in Braunau füllen diese Daten mit etwas Leben. Die Angaben über das Naturell Alois Hitlers schwanken; die einen nennen ihn freundlich und gefällig; die andern zugeknöpft und etwas mürrisch. Jedenfalls sei er bildungshungrig und »in Wort und Schrift sehr bewandert« gewesen. Die Mittel der Adoptivschwiegereltern hätten ihm ein gewisses gesellschaftliches Auftreten, so wie den Luxus von Büchern und Reisen ermöglicht.Um seiner kinderlosen und leidenden Frau Zerstreuung und Hilfe zu verschaffen, nahm Alois Schicklgruber das Töchterchen einer Cousine, die kleine Klara Pölzl, ins Haus. Das Mädchen wurde allgemein als Tochter der Familie betrachtet und hiess nach Alois Schicklgrubers Namensänderung das »Hitler Klarerl«.Im Jahre 1876 änderte nämlich Alois Schicklgruber seinen Namen in Hitler. Über diesen Vorgang liegen mehrere Dokumente vor, von denen das interessanteste eine Auskunft des Ordinariats von St. Pölten vom 29. März 1932 ist. Wie sich aus dem dortigen Archiv ergibt, meldete sich am 6. Juni 1876 beim Notariat in Weitra Georg Hitler (so lautet jetzt die Schreibweise); der Mann also, über den seit 1842 keine Daten mehr vorliegen, dessen seitherige Lebensschicksale, ja dessen Sterbetag und -ort bisher nicht ermittelt werden konnten; nur dass er 1883 bereits tot war, geht aus einem anderen Dokument hervor. Dieser vierundachtzigjährige Greis erklärte vor dem Notar in Weitra vor drei Zeugen namens Rameder, Breireneder und Pautsch, er sei der Vater des am 7. Juni 1837 geborenen ausserehelichen Kindes Alois Schicklgruber. Warum er diese Legitimierung seinerzeit bei der Eheschliessung mit der Mutter unterliess, ist aus den verschiedenen Aktenstücken nicht zu erkennen. Unter welchen Umständen sie dann 1876 erfolgte, was für ein Leben Georg Hiedler damals führte, wie er mit seinem Sohne stand und was ihn zu dieser späten Legitimierung veranlasste, darüber schweigen die Dokumente gleichfalls. Die eigentliche Rechtskraft erhielt der Legitimierungsakt im Pfarramt zu Döllersheim, dem Georg Hiedlers notarielle Erklärung von Weitra aus zugeschickt wurde. Dort schreibt der Pfarrer Josef Zahnschirm, auf eine etwas unordentliche und später zu Zweifeln Anlass gebende Art, Alois Schicklgruber am 23. November 1876 im Taufbuch auf Alois Hitler um. Rechtlich war der ganze Vorgang die Nachholung eines Aktes, der schon bei der Eheschliessung 1842 hätte erfolgen sollen und offenbar aus Nachlässigkeit unterblieb; in der Amtssprache heisst er legitimatio pier matrimonium subsequens. Was die Akten verschweigen, müssen die Mitlebenden bekunden. Nach den Erinnerungen eines Altersfreundes von Alois Hitler in Leonding war die Ursache der Namensänderung eine Erbschaftsangelegenheit. Der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler in Spital, also Alois Hitlers Onkel und überdies der Grossvater seiner späteren dritten Frau, hatte nur zwei Töchter, wollte aber, dass der Name nicht aussterbe. Er machte die Namensänderung zur Bedingung eines Legats, das er dem Neffen aussetzte.Merkwürdige Familie.Die Ehe Alois Hitlers mit der um vierzehn Jahre älteren Frau muss für beide Teile nicht leicht gewesen sein, zumal da die Frau immer kränker wurde. Alois Hitler beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Gasthausköchin namens Franziska Matzelsberger. Darauf die Scheidung von der ersten Gattin, nach damaligem österreichischem Recht nur Scheidung von Tisch und Bett, die das Eingehen einer neuen Ehe nicht ermöglicht. Frau Anna Hitler bezieht eine eigene Wohnung, die zwanzigjährige Ziehtochter Klara Pölzl verlässt das Haus und geht nach Wien in Stellung. Franziska Matzelsberger führt Alois Hitler die Wirtschaft und gebiert ihm, noch zu Lebzeiten der ersten Gattin, am 13. Januar 1882 einen Sohn, der den Taufnamen Alois und später durch Legitimierung den Familiennamen Hitler erhält. Nach dem Tode der ersten Gattin - sie stirbt am 6. April 1883 an »Auszehrung« - heiratet Alois Hitler bereits am 22. Mai 1883 Franziska Matzelsberger; am 28. Juli des gleichen Jahres kommt eine Tochter Angela zur Welt. Von den Kollegen Alois Hitlers und ihren Frauen wird die neue Gattin gesellschaftlich geschnitten. Nach kurzer Ehe erkrankt auch Franziska Hitler an einem Lungenleiden und stirbt am 10. August 1884, laut Totenschein an Tuberkulose.Die letzten Lebensmonate hatte sie in dem Ort Ranshofen in der Nähe von Braunau verbracht. Während dieser Zeit war die Ziehtochter Klara Pölzl aus Wien zurückgekommen und hatte Alois Hitler das Haus geführt. Ein halbes Jahr nach dem Tode der zweiten Frau, am 7. Januar 1885, heiratete Alois Hitler die dritte.Klara Pölzl war nicht nur die Ziehtochter ihres neuen Gatten, sondern auch die Tochter einer Cousine. Das war nach kirchlichem Recht »Seitenverwandtschaft im dritten Grad, berührend den zweiten«; ein bischöflicher Dispens war zur Eheschliessung nötig. Wir werden im Leben Adolf Hitlers einen Vorgang kennen lernen, der etwas an des Vaters dritte Ehe erinnert. 0.
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Konrad Heiden (Autor)

Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit [Gebundene Ausgabe] von (2011)

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Weltbild, 2011. 2011. Hardcover. 21,6 x 14,6 x 6 cm. Die erste bedeutende Hitler-Biographie Dieser Doppelband beinhaltet die beiden Bücher "Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit" und "Ein Mann gegen Europa". Erstmals in den Jahren 1936 und 1937 erschienen, schuf der jüdische Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden mit diesen engagiert-kritischen Werken die Basis für spätere Hitler-Biographien. Der erste Teil der Biographie umfasst die Jahre 1919 bis 1933. Der Züricher Verleger Emil Oprecht über Band 1: "Die schonungslose biographische und psychologische Durchleuchtung seiner (Adolf Hitlers) Gestalt allein gibt den Schlüssel für seine politschen Ziele, seine Ideen und damit das entscheidende Verständnis für das, was für die Welt auf dem Spiel steht." In Teil 2 (1933-1936) entlarvt Konrad Heiden Adolf Hitler als einen Gegner Europas, denn "er plant eine Herrschaft weniger Starker über die Masse der Schwachen und fördert darum die Auflösung des heutigen Europa, das zarte Keime eines künftigen europäischen Bundes enthält" Adolf Hitler - Eine Biografie Ein Mann gegen Europa / Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (Konrad Heiden) [Gebundene Ausgabe] von Konrad Heiden Erster Teil - zum Menschen untauglichI. Heimat und HerkunftNationalhass in ÖsterreichIm Lande der Romantik ist Adolf Hitler geboren. Grün bricht und schäumt von Passau bis Linz die Donau durch schwarze Waldgebirge, weiss leuchten die Klöster und Schlösser von Oberösterreich, auf den Bergspitzen verwittern graue Ruinen. An diesem Strom, dessen Kultur ebenso alt, dessen Geschichte ebenso schwer ist wie die des Rheins, zogen Ostgoten und Hunnen entlang, Langobarden und Bajuvaren, Ungarn und Schwaben, Kreuzfahrer und Türken, Schweden, Franzosen, die deutschen Feldgrauen des Weltkriegs. Ritterliche Sänger schrieben hier im 12. Jahrhundert die verschallenden Sagen der Völkerwanderung in herrlichen Rhythmen aufs Pergament und bewahrten im Liede dem Waldstromland den leuchtenden Namen der Nibelungenstrasse. Im 16. Jahrhundert tränkte der Adel das Land mit rebellischem Bauernblut; Köpfe flogen auf den Rasen, Eingeweide wurden an Baumstämme genagelt.Dome und Lustschlösser liegen über dem ernsten Antlitz des Landes wie ein Lächeln aus weissem, zartem Stein; während die Maurer an ihnen klopften, trieben die Reisigen des Bischofs Tausende von Landeskindern um ihres protestantischen Glaubens willen aus der Heimat. Im 18. Jahrhundert schossen die Grenadiere der Häuser Habsburg und Wittelsbach um dieses Erdenflecks willen einander tot; Habsburg siegte. Im 19. Jahrhundert entsteht längs der Donau jenes düster-elegante Kolonialreich, österreichisch-ungarische Monarchie genannt, das der Welt den Wiener Walzer und den Weltkrieg schenkte und 1918 in Atome zersprang. Eine absolute Fürstenherrschaft über sechs grosse und mehrere kleine Völker, in Abstammung, Sprache, Gesinnung und Kulturgrad voneinander ganz verschieden, die entweder einander beherrschten oder sich voneinanderbefreien wollten. Die Fortgeschrittensten dieser Nationen, Deutsche und Tschechen, stritten in den älteren Teilen Österreichs um die Vorherrschaft; das Herrscherhaus und die hohe Bürokratie drängten den ursprünglich überwiegenden deutschen Einfluss zugunsten der aufstrebenden tschechischen Nation etwas zurück, ohne den tschechischen natürlichen Wünschen gerecht werden zu können. So wuchs ein erbitterter deutscher Nationalhass im alten Nibelungenland, in Oberösterreich und in der Wachau gegen das dem Deutschtum sich entfremdende Herrscherhaus, gegen die ganze österreichische Monarchie und namentlich auch gegen die mit ihr innig verbündete katholische Kirche hoch. Die »Los-von-Rom«-Bewegung des Ritters Georg von Schönerer und seines Genossen Wolf ergriff das gebildete Bürgertum; sie begeisterte sich an dem unter Bismarck und den Hohenzollernkaisern machtvoll aufsteigenden Nachbarreich, verlangte die Auflösung der Habsburger Monarchie und den Anschluss ihrer deutschen Teile an das Deutsche Reich. Mit Neid sieht das österreichische Bürgertum die Wirtschaftsblüte des Reichs unter den Hohenzollernkaisern, die machtvollen Schritte der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt; mit Neid sehen die Fabrikanten von Reichenberg und Steyr Deutschlands gewinnreiche Seeschiffahrt, die geschäftereiche Kolonialpolitik und die Staatsgelder, die auf dem Wege über diese Wirtschaftszweige an tüchtige Kaufleute fliessen. So hat das mächtig sich regende Nationalgefühl der Deutschen Österreichs eine gutgefütterte Unterlage; doch setzt sich oft genug der nationale Hass über alle wirtschaftlichen Berechnungen weg, namentlich im heftigen Streit der Deutschen und Tschechen. Wie immer sind diese Gefühle am stärksten bei den mittleren Schichten, weniger beim national sehr gemischten Proletariat, gar nicht beim hohen Adel. Die Turnerbünde und Schützengilden, die Mittelschulen und Sängerfeste hegen diesen Nationalismus, und beim nächtlichen Gelage auf weinlaubumrankter Terrasse an der Donau singt ein alter Herr mit goldener Brille:Und rinnt von des Römers blinkendem Rand der letzte Tropfen vom Alten, dann ruf ich: Wachau, du mein heimatlich Land, bleibst deutsch uns ewig erhalten!Zu den kleinen Nationen der Monarchie gehörten die Juden, die in einigen Teilen des Landes in geschlossenen Siedlungen und grosser Rückständigkeit lebten; oft mit einer eigentümlichen, ganz uneuropäischen Geistesbildung. In den deutschen und tschechischen Landesteilen assimilieren sie sich schneller und steigen zum Beispiel in Prag zu einer hohen und feinen Kultur auf, geradezu Vorbild und Beispiel ihrer Umgebung; in Galizien bleiben sie der alte Ghetto-Typ. In Wien vereinigen sich diese verschiedenen Kulturgrade zu einem nicht durchweg erfreulichen Gemenge. In Handel und Gewerbe, vielleicht noch mehr in Presse und Literatur erlangt nicht der Jude an sich, sondern ein bestimmter jüdischer Bildungs-Typ zeitweise übermässigen Einfluss, denn diese weit Herumgekommenen kennen die Bedürfnisse aller Schichten und Nationen des Reichs. In dem unruhigen Völkergemisch werden die Juden von keiner Nation endgültig angezogen, wechseln herüber und hinüber, erhalten aus den Ghetto-Siedlungen Galiziens immer wieder Nachschub mit ausgeprägten Nationalzügen und assimilieren sich aus all diesen Gründen als Ganzes langsamer als in anderen Ländern. So entsteht eine von allen Nationen Österreichs gehetzte Zwischenschicht, überwiegend proletarisch, mit wohlhabenden, beneideten und verlästerten Spitzen.Auch die »Los-von-Rom«-Bewegung war scharf antisemitisch; sie erklärte das Judentum für das Symbol jenes österreichischen Völkergemenges, in dem das Deutschtum zugrunde gehe. Dieser Antisemitismus des 19. Jahrhunderts war in Österreich ebenso wie in Deutschland eine absolute Angelegenheit der bürgerlichen Oberschicht, die wiederum geistige Anleihen beim Adel machte und mit ihrer Judenfeindschaft unbewusst feudalen Zwecken diente. Denn der Jude war das Sinnbild der bürgerlichen Emanzipation; jüdische Intellektuelle halfen jene politischen Klassenschranken zerschlagen, mit denen der Feudalismus den Aufstieg des Bürgertums gehemmt hatte. Der Antisemitismus sickert von oben nach unten. Als Adolf Hitler geboren wurde, war er noch nicht bei den Bauern und Kleinbürgern, geschweige denn bei den Proletariern angelangt; Hitlers Vater hätte, wie der Sohn selbst bezeugt, im Antisemitismus ein Zeichen von Unbildung gesehen - mit Recht, denn er verfolgt die Opfer statt der Ursachen eines Übels.Die Vorfahren.Adolf Hitlers Vater ist der uneheliche Sohn einer armen Bauernmagd. Die merkwürdigen Familienverhältnisse Hitlers mag die nebenstehende Stammtafel, die sich zum Teil auf Forschungen des Wiener Genealogen Karl Friedrich von Frank, aber auch auf sonstige Nachforschungen in Kirchenbüchern stützt, etwas verdeutlichen. Dieses Bruchstück einer Ahnentafel zeigt, wie die heutige Namensform Hitler aus einem Sammelsurium verschiedener Klänge und Schreibungen erst sehr spät herauswächst. Es gibt erwiesenermassen viele jüdische Hitlers, und die Ähnlichkeit des sonst seltenen Namens hat zur Suche nach einem jüdischen Einschlag in der Familiengeschichte verleitet. Es ist ein Irrtum. Man hat eine angebliche jüdische Grosstante Adolf Hitlers in einer Klara Hitler feststellen wollen, die am 12. Oktober 1821 von jüdischen Eltern im böhmischen Polna geboren wurde, in Wien getauft worden sei und dann in Spital in Niederösterreich gelebt haben soll. Aber der Aufenthalt dieser Klara Hitler in Spital ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, dass die Grossmutter Adolfs, Johanna Hütler, die Tochter eines katholischen Bauern Johann von Nepomuk Hütler aus Spital war. Die Namensähnlichkeit bleibt immerhin auffällig; auffällig bleibt weiter, dass Spital und Polna verhältnismässig nahe beieinanderliegen; auffällig bleibt schliesslich, dass der Name grade auf der Wanderung von Walterschlag nach Spital sich aus Hiedler in Hüttler verwandelt - denn grade dies ist auch die Form, in der der Name auf dem Grabstein einer Rosalie Müller, geb. Hüttler auf dem jüdischen Friedhof in Polna vorkommt. Auf Gräbern der jüdischen Abteilung des Zentralfriedhofs in Wien heisst es dann bereits Hitler - die Namensform hat sich also in der christlichen wie der jüdischen Familie parallel entwickelt. Welcher Art diese auch sonst oft beobachtete Namensparallelität ist; ob sie einfach aus örtlicher Nachbarschaft sich erklärt oder auf eine bis jetzt nicht geklärte Beziehung hinweist, wäre leichter zu sagen, wenn die Bedeutung des Namens klarer wäre. Man hat die jüdische Form von Hut (Hitler gleich Hütelmacher), die christliche von Hütte abgeleitet; ein tschechisches Hidlar wurde vermutet, und ein in Hitlers Heimat wohnender Privatforscher führt den Namen auf einen Hüter oder Hirten (wenn man also will: Führer) zurück. Erwähnt sei, dass unter Hitlers Ahnen väterlicherseits im 17. Jahrhundert ein Bauer namens Johann Salomon in Nieder-Plöttbach (Bezirk Zwettl, Niederösterreich) vorkommt; er ist Adolf Hitlers Ururururgrossvater. Im Gegensatz zur väterlichen zeigt die mütterliche Abstammungslinie Adolf Hitlers die Merkmale einer festen Ruhe. Der Name bleibt von seinem ersten Auftauchen an unverändert bei der Form Pölzl, und bis zur Mutter Adolf Hitlers hinab sitzen diese Ahnen vier Generationen lang unverrückt auf dem Bauernanwesen Nr. 37 in Spital.Ganz anders die fast vagantenhafte Unbeständigkeit der väterlichen Linie. Nicht nur der Name zuckt hin und her; auch der Wohnsitz wechselt in drei Generationen dreimal: Walterschlag, Spital, Strones, Leonding. Die Lebensgeschichte der einzelnen ist tatsächlich bewegt und zeugt von innerer Unrast. Johann Georg Hiedler, der Grossvater des späteren Reichskanzlers, verbringt sein Leben an verschiedenen Orten Niederösterreichs bald als »Bestandmüller«, das heisst Mühlenpächter, bald als »vazierender Müllersgesell«. 1824 heiratet er zum ersten Mal, fünf Monate nach der Eheschliessung wird ein Sohn geboren; Mutter und Kind sterben im Wochenbett (Traubuch, Taufbuch und Sterbebuch des Pfarramts Hoheneich bei Gmünd, Niederösterreich). Dreizehn Jahre später finden wir diesen Hiedler als Müller in Döllersheim, ebenfalls im Bezirk Gmünd. Im benachbarten Strones gebiert die Bauerntochter Anna Maria Schicklgruber am 7. Juni 1837 einen Sohn namens Alois. Fünf Jahre später heiratet die Siebenundvierzigjährige in der Pfarrkirche von Döllersheim den fünfzigjährigen Johann Georg Hiedler, der laut Traubuch der Pfarre Döllersheim damals als »Mütergesell« in Dürenthal lebt. 1847 stirbt Maria Anna Hiedler in Strones. Die Spur Johann Georg Hiedlers verliert sich dann auf Jahrzehnte; Alois trägt jedenfalls nicht seinen Namen, sondern den Mädchennamen der Mutter: Schicklgruber.Alois Schicklgruber-Hitler.Wenn die Abstammung dieses Kindes Alois von Georg Hiedler nach den äusseren Umständen nicht ganz sicher ist, so ist sie aus inneren Gründen wahrscheinlich. Die Unrast im Leben Georg Hiedlers wiederholt und steigert sich in Alois. Wie Georg Hiedler verlässt dieser den Bereich bäuerlicher Lebensführung und sucht nach einer Art Aufstieg. Georg Hiedlers Lebensbahn verliert sich in den späteren Jahrzehnten im Dunkel; Alois findet in dem ersehnten Beamtenberuf anscheinend nicht die volle Befriedigung und bricht diese Laufbahn auffallend früh ab. Dann wandert er unruhig von Ort zu Ort, kauft und verkauft rastlos immer aufs neue bald da, bald dort eine kleine Besitzung. Dreimal ist er verheiratet. Er wächst in Spital auf, wo der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler, als Bauer lebt. Bei einem gewissen Ledermüller lernt er dort das Schuhmacherhandwerk. Eine kleine Anekdote hat sich erhalten: Der junge Mensch habe eines Tages seine Geldbörse samt seinem ganzen Taschengelde, nämlich einen Kreuzer, wütend aus dem Fenster geworfen und gerufen, wenn er schon nicht mehr Geld habe, brauche er auch den Kreuzer nicht. In Wien arbeitete er eine Zeitlang als Schuhmacher. Dann werden die Daten genauer: sein Personalakt als Beamter liegt vor. 1855 trat er in Saalfelden im Lande Salzburg in den Finanzwachtdienst ein, 1864 erreichte er im Avancement einen Posten, der als bürgerliche Sicherung gelten konnte: Er wurde provisorischer Amtsassistent der 11. Dienstklasse beim Hauptzollamt in Braunau am Inn. Elf Tage nach der Beförderung heiratete er zum ersten Mal, und zwar ein Mädchen aus seinem Vorgesetztenkreise: die Adoptivtochter Anna des Zolleinnehmers Josef Hoerer in Radstadt, geboren als Tochter des Steuerbeamten Josef Glasl in Theresienfeld. Spätere Altersfreunde Alois Hitlers in Leonding wollen von ihm gehört haben, die neuen Schwiegereltern seien wohlhabend gewesen und hätten ihm eine behaglichere Lebensführung ermöglicht. Anna Glasl-Hoerer war 1823 geboren, also vierzehn Jahre älter als ihr Gatte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Personalakt wurde sie nach sechzehnjähriger Dauer am 7. November 1880 durch das Bezirksgericht Braunau geschieden.Mündliche Angaben von alten Leuten in Braunau füllen diese Daten mit etwas Leben. Die Angaben über das Naturell Alois Hitlers schwanken; die einen nennen ihn freundlich und gefällig; die andern zugeknöpft und etwas mürrisch. Jedenfalls sei er bildungshungrig und »in Wort und Schrift sehr bewandert« gewesen. Die Mittel der Adoptivschwiegereltern hätten ihm ein gewisses gesellschaftliches Auftreten, so wie den Luxus von Büchern und Reisen ermöglicht.Um seiner kinderlosen und leidenden Frau Zerstreuung und Hilfe zu verschaffen, nahm Alois Schicklgruber das Töchterchen einer Cousine, die kleine Klara Pölzl, ins Haus. Das Mädchen wurde allgemein als Tochter der Familie betrachtet und hiess nach Alois Schicklgrubers Namensänderung das »Hitler Klarerl«.Im Jahre 1876 änderte nämlich Alois Schicklgruber seinen Namen in Hitler. Über diesen Vorgang liegen mehrere Dokumente vor, von denen das interessanteste eine Auskunft des Ordinariats von St. Pölten vom 29. März 1932 ist. Wie sich aus dem dortigen Archiv ergibt, meldete sich am 6. Juni 1876 beim Notariat in Weitra Georg Hitler (so lautet jetzt die Schreibweise); der Mann also, über den seit 1842 keine Daten mehr vorliegen, dessen seitherige Lebensschicksale, ja dessen Sterbetag und -ort bisher nicht ermittelt werden konnten; nur dass er 1883 bereits tot war, geht aus einem anderen Dokument hervor. Dieser vierundachtzigjährige Greis erklärte vor dem Notar in Weitra vor drei Zeugen namens Rameder, Breireneder und Pautsch, er sei der Vater des am 7. Juni 1837 geborenen ausserehelichen Kindes Alois Schicklgruber. Warum er diese Legitimierung seinerzeit bei der Eheschliessung mit der Mutter unterliess, ist aus den verschiedenen Aktenstücken nicht zu erkennen. Unter welchen Umständen sie dann 1876 erfolgte, was für ein Leben Georg Hiedler damals führte, wie er mit seinem Sohne stand und was ihn zu dieser späten Legitimierung veranlasste, darüber schweigen die Dokumente gleichfalls. Die eigentliche Rechtskraft erhielt der Legitimierungsakt im Pfarramt zu Döllersheim, dem Georg Hiedlers notarielle Erklärung von Weitra aus zugeschickt wurde. Dort schreibt der Pfarrer Josef Zahnschirm, auf eine etwas unordentliche und später zu Zweifeln Anlass gebende Art, Alois Schicklgruber am 23. November 1876 im Taufbuch auf Alois Hitler um. Rechtlich war der ganze Vorgang die Nachholung eines Aktes, der schon bei der Eheschliessung 1842 hätte erfolgen sollen und offenbar aus Nachlässigkeit unterblieb; in der Amtssprache heisst er legitimatio pier matrimonium subsequens. Was die Akten verschweigen, müssen die Mitlebenden bekunden. Nach den Erinnerungen eines Altersfreundes von Alois Hitler in Leonding war die Ursache der Namensänderung eine Erbschaftsangelegenheit. Der Bruder Georg Hiedlers, Johann von Nepomuk Hütler in Spital, also Alois Hitlers Onkel und überdies der Grossvater seiner späteren dritten Frau, hatte nur zwei Töchter, wollte aber, dass der Name nicht aussterbe. Er machte die Namensänderung zur Bedingung eines Legats, das er dem Neffen aussetzte.Merkwürdige Familie.Die Ehe Alois Hitlers mit der um vierzehn Jahre älteren Frau muss für beide Teile nicht leicht gewesen sein, zumal da die Frau immer kränker wurde. Alois Hitler beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Gasthausköchin namens Franziska Matzelsberger. Darauf die Scheidung von der ersten Gattin, nach damaligem österreichischem Recht nur Scheidung von Tisch und Bett, die das Eingehen einer neuen Ehe nicht ermöglicht. Frau Anna Hitler bezieht eine eigene Wohnung, die zwanzigjährige Ziehtochter Klara Pölzl verlässt das Haus und geht nach Wien in Stellung. Franziska Matzelsberger führt Alois Hitler die Wirtschaft und gebiert ihm, noch zu Lebzeiten der ersten Gattin, am 13. Januar 1882 einen Sohn, der den Taufnamen Alois und später durch Legitimierung den Familiennamen Hitler erhält. Nach dem Tode der ersten Gattin - sie stirbt am 6. April 1883 an »Auszehrung« - heiratet Alois Hitler bereits am 22. Mai 1883 Franziska Matzelsberger; am 28. Juli des gleichen Jahres kommt eine Tochter Angela zur Welt. Von den Kollegen Alois Hitlers und ihren Frauen wird die neue Gattin gesellschaftlich geschnitten. Nach kurzer Ehe erkrankt auch Franziska Hitler an einem Lungenleiden und stirbt am 10. August 1884, laut Totenschein an Tuberkulose.Die letzten Lebensmonate hatte sie in dem Ort Ranshofen in der Nähe von Braunau verbracht. Während dieser Zeit war die Ziehtochter Klara Pölzl aus Wien zurückgekommen und hatte Alois Hitler das Haus geführt. Ein halbes Jahr nach dem Tode der zweiten Frau, am 7. Januar 1885, heiratete Alois Hitler die dritte.Klara Pölzl war nicht nur die Ziehtochter ihres neuen Gatten, sondern auch die Tochter einer Cousine. Das war nach kirchlichem Recht »Seitenverwandtschaft im dritten Grad, berührend den zweiten«; ein bischöflicher Dispens war zur Eheschliessung nötig. Wir werden im Leben Adolf Hitlers einen Vorgang kennen lernen, der etwas an des Vaters dritte Ehe erinnert. 0.
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