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Curia (eBook, ePUB)100%: Caplan, Oscar: Curia (eBook, ePUB) (ISBN: 9783492981040) in Deutsch, auch als eBook.
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Curia - Thriller100%: Oscar Caplan, Annette Kopetzki: Curia - Thriller (ISBN: 9783492951579) 2011, in Deutsch, auch als eBook.
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Curia (eBook, ePUB) - 7 Angebote vergleichen

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9783492981040 - Caplan, Oscar: Curia (eBook, ePUB)
Caplan, Oscar

Curia (eBook, ePUB)

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ISBN: 9783492981040 bzw. 3492981046, in Deutsch, Piper, München/Zürich, Deutschland, neu.

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1. Es war Anfang August. Vom hoechsten Punkt des Himmels brannte die Sonne auf den Steinboden des Cortile del Belvedere und die neoklassischen Fassaden des Vatikanischen Geheimarchivs herab. Die verriegelten, durch dicke Eisengitter geschuetzten Fenster machten die Schwuele noch erstickender. UEber dem Brunnen kreiste ein Rabe, sein Kraechzen erfuellte den verlassenen Hof. Vor dem Bronzetor des Archivs parkte ein dunkelblauer Lancia Flaminia, das Banner mit dem Vatikanwappen auf einem Kotfluegel. Ein Priester mit den weichen Zuegen eines Seminaristen lehnte an der Wagentuer, nahm seinen Hut ab und wischte sich den Schweiss von der Stirn. Kardinal Vanko St. Pierre, ein schlanker Mann mit ernster Miene hinter einer Goldrandbrille, kam raschen Schrittes aus dem Tor, in der Hand eine Aktentasche aus schwarzem Leder. Eilig oeffnete der Priester die hintere Wagentuer, schloss sie wieder und setzte sich ans Steuer. Waehrend er den Motor anliess, spaehte er in den Rueckspiegel. Der Kardinal zog einen tabakbraunen Umschlag aus der Aktentasche. »Pater, ich muss Sie um einen Gefallen bitten.« »Ich stehe zu Ihrer Verfuegung, Eminenz.« »Kann ich mich auf Ihre Diskretion verlassen?« » Eminenz, ich bin seit vielen Jahren in Ihren Diensten.« »Ich vertraue Ihnen diese Papiere an.« Der Kardinal beugte sich vor und reichte dem Geistlichen den Umschlag, auf dem eine von Hand geschriebene Adresse stand. »Wie Sie sehen, ist der Adressat ein Notar in der Via Barberini.« »Was soll ich … « »Hoeren Sie mir gut zu. Wenn ich aus irgendeinem Grund morgen nicht in diesem Auto auf der Rueckfahrt nach Rom sein werde, gehen Sie unverzueglich in die Via Barberini und haendigen diesen Umschlag dem Notar persoenlich aus. Haben Sie verstanden?« »Ja … Wenn wir aber nun gemeinsam zurueckfahren?« »Dann geben Sie ihn mir zurueck, und die Sache hat sich erledigt.« Der Kardinal legte dem Priester eine Hand auf die Schulter. »Habe ich Ihr Wort, dass Sie mit niemandem darueber reden, ich wiederhole, mit niemandem?« Der Priester blickte in den Rueckspiegel. »Ich verspreche es Ihnen, Eminenz. Sie koennen sich auf mich verlassen.« Der Kardinal klopfte ihm zweimal leicht auf die Schulter. Das Auto bog in die Via del Belvedere ein und fuhr wenige Minuten spaeter durch die Porta Sant´Anna aus der Vatikanstadt heraus. Nachdem der Lancia einige Kilometer durch das fast menschenleere Rom gefahren war, faedelte er sich in suedlicher Richtung in den Verkehr auf der Via Appia ein und folgte den Hinweisschildern nach Castel Gandolfo, der Sommerresidenz des Papstes. Vor dem Hintergrund des Albaner Sees mit seinem tiefblauen Rund tauchte am oberen Ende des Huegels die Renaissancefassade des Paepstlichen Palastes von Castel Gandolfo auf. Das Auto fuhr am Bernini-Brunnen vorbei und hielt vor dem Eingang des Palazzo. Die beiden Schweizergardisten in ihrer Galauniform mit orangefarbenen, blauen und roten Streifen standen augenblicklich stramm und richteten die Hellebarden auf. Zweimal ertoente die Hupe, kurz darauf oeffnete sich das Eingangstor. Der Kardinal stieg aus dem Wagen und blickte zur Loggia ueber dem Innenhof. Mit huepfendem Doppelkinn, den Bauch von den Knoepfen der Soutane mit knapper Not gebaendigt, trippelte der Sekretaer des Papstes die Treppe herunter und kam mit einem beflissenen Laecheln auf ihn zu. »Eminenz, Kardinal Ottolenghi erwartet Sie oben in meinem Arbeitszimmer. Gehen wir hinauf?« »Warum diese Programmaenderung, Monsignore?«, fragte der Kardinal, waehrend sie zur Loggia hinaufstiegen. »Es war abgemacht, dass ich heute mit dem Heiligen Vater zusammenkomme, und zwar allein.« »Ganz richtig, und ich verstehe Ihre Enttaeuschung. Aber glauben Sie mir, der Heilige Vater selbst hat im letzten Moment beschlossen, die Begegnung auf morgen Vormittag zu verschieben.« »Wozu dieses Treffen mit Kardinal Ottolenghi?« Der Sekretaer des Papstes zuckte mit den Schultern. »Der Heilige Vater macht bekanntlich nicht viele Worte.« »So wie Sie bekanntlich ein Mann von aussergewoehnlich scharfem Verstand sind.« Seufzend warf der Sekretaer einen vielsagenden Blick auf die Aktentasche des Kardinals. »In Anbetracht der Dinge, die Sie mir am Telefon angedeutet haben, kann ich mir allerdings vorstellen, dass der Heilige Vater ein vorbereitendes Treffen mit dem Praefekten der Kongregation fuer die Glaubenslehre fuer, wie soll ich sagen, ratsam hielt.« Der Kardinal schwieg. Als der paepstliche Sekretaer das Arbeitszimmer verlassen hatte, setzte Kardinal St. Pierre sich in einen Sessel vor Kardinal Ottolenghi. Giuscardo Ottolenghis Nase war so spitz wie die Hellebarde eines Schweizergardisten. Als Zerberus der kirchlichen Glaubenslehre war er nach dem Papst der maechtigste Mann am Heiligen Stuhl. Er hielt den Blick starr auf Kardinal St. Pierre gerichtet. Einige Augenblicke lang hoerte man in dem Raum nur das leise Ticken einer Pendeluhr. »Eminenz, der Heilige Vater hat mich gebeten, vor dem morgigen Treffen ein Gespraech mit Ihnen zu fuehren.« Ottolenghi warf einen Blick auf St. Pierres Aktentasche. »Am Telefon erwaehnten Sie ein Dokument, ich zitiere, ›von aeusserst gravierender Bedeutung fuer den Glauben‹. Worum geht es?« »Darum.« St. Pierre zog eine Dokumentenmappe aus schwarzem Plastik aus seiner Tasche. Er nahm einige Papiere heraus und reichte sie dem Kardinal. »Was ist das?«, fragte Ottolenghi. »Die Fotokopie einer Pergamenthandschrift, ein Brief, den Marsilio Ficino eigenhaendig an Cosimo de´ Medici schrieb. Er traegt das Datum vom 27. August 1463.« »Marsilio Ficino? Das Corpus Hermeticum?« »Genau. Doch das ist nur der Ausgangspunkt.« »Wohin fuehrt er?« »Auf eine Reise zurueck ins alte AEgypten, in das vierzehnte Jahrhundert vor Christus, die Regierungszeit des Pharaos Echnaton.« Ottolenghi riss die Augen auf. »An manchen Stellen ist die Tinte bis zur Unleserlichkeit verblasst«, sagte St. Pierre, »doch was der Text bedeutet, wird trotzdem klar.« Je weiter Ottolenghi mit der Lektuere vorankam, desto mehr verfinsterte sich sein Gesicht. »Alles Unsinn.« Ottolenghi warf die Blaetter auf das Tischchen zwischen sich und St. Pierre und blickte ihn mit einer Mischung aus Skepsis, AErger und Misstrauen an. »Wahnvorstellungen eines Unglaeubigen!« »Augenblick mal, Eminenz.« Kardinal St. Pierre machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Marsilio Ficino war der Mittelpunkt des geistigen Lebens am Hof der Medici, und sein Denken hat Kuenstler wie Michelangelo inspiriert. Er war alles andere als ein krankhafter Luegner, und was den Unglauben betrifft, so darf ich Sie daran erinnern, dass er 1473 zum Priester geweiht wurde.« »Alles Geschwaetz. Der Brief strotzt nur so von verworrenen Bezuegen, und die Schlussfolgerungen sind voellig haltlos, ja, ueberdies widersprechen sie dem Glauben.« »Meinen Sie?« Ottolenghis Lippen wurden zu einem schmalen Strich. »Wenn noch mehr dahintersteckt, sind Sie verpflichtet, es mir zu sagen. Dieser Brief zieht die Glaubwuerdigkeit der Bibel in Zweifel.« Seine Hand fiel auf die Armlehne wie der Hammer eines Richters. »Er stellt eine Bedrohung fuer den Glauben dar, darum faellt die Angelegenheit in meinen Zustaendigkeitsbereich. Was haben Sie noch entdeckt?« »Als Kardinal-Archivar bin ich nur Seiner Heiligkeit gegenueber zu Auskuenften verpflichtet. Behalten Sie sich diesen Ton fuer die Theologen vor, die vom Tribunal der Glaubenskongregation verhoert werden.« »Ist das Ihr letztes Wort?« Mit pulsierenden Halsschlagadern nahm St. Pierre die Papiere und die Dokumentenmappe an sich, steckte sie in die Tasche zurueck und erhob sich. »Ich werde Seiner Heiligkeit morgen Vormittag sagen, was ich zu sagen habe.« Ottolenghi stand auf und ging hinaus, begleitet vom Rascheln des Kardinalsmantels. »Eminenz, ich moechte Sie daran erinnern, dass die Begegnung mit dem Heiligen Vater puenktlich um zehn Uhr stattfindet«, mahnte der paepstliche Sekretaer, waehrend Kardinal St. Pierre auf ein grellrotes Mountainbike stieg, das er sich vom Kammerdiener des Papstes geliehen hatte. Der Kardinal, im grauen, kurzaermeligen Hemd mit Priesterkollar, hob die Hand zu einer beruhigenden Geste und radelte durch den Hof des Vatikanischen Observatoriums davon, gefolgt vom nachdenklichen Blick des Sekretaers. In den Gaerten des Papstpalastes angekommen, fuhr der Kardinal durch eine von Steineichen beschattete und mit Renaissanceskulpturen geschmueckte Allee, gelangte zu den Ruinen der Villa des Domitian und fuhr auf den Ausgang zu. Auf dem Gipfel des Huegels hielt er an und blickte zum See hinunter. Soeben ging die Sonne auf. Der paepstliche Palast und die beiden Kuppeln des Observatoriums spiegelten sich im Wasser. Der Wechsel zwischen den Farben der Huegel, dem Gruen der Waelder, dem Rot der Daecher und dem Ockergelb der Haeuser, bot ein praechtiges Schauspiel. Mit einem tiefen Atemzug verscheuchte der Kardinal die Begegnung mit Ottolenghi und die Gedanken an das, was er dem Papst sagen wuerde. Er bog in eine Strasse ein, die nach unten zum Seeufer fuehrte. Dann nahm er eine Abkuerzung ueber eine kleine Strasse aus gestampftem Lehm, eine Einbahnstrasse. Er radelte vorsichtig. Zu seiner Rechten ging die Strasse in eine steile Boeschung ueber, den einzigen Schutz bildete eine Reihe von Zementpfaehlen. Ploetzlich bog ein Alfa Romeo mit verspiegelten Scheiben aus der entgegen gesetzten Richtung in die Strasse ein und beschleunigte. Der Kardinal bremste scharf, dicht am Strassenrand. Mit quietschenden Reifen beschleunigte das Auto erneut, wirbelte eine Staubwolke hinter sich auf. Ein dumpfer Aufprall. Der Kardinal wurde ueber den Strassenrand hinausgeschleudert, das Fahrrad wickelte sich um einen Zementpfeiler. Der Koerper des Kardinals fiel zu Boden wie eine Puppe, rollte etwa zwanzig Meter weit den Abhang hinab und blieb am tiefsten Punkt der Boeschung auf dem Ruecken liegen. Seine Augen schienen einen unbestimmbaren Punkt am Himmel zu fixieren, Blut rann ihm aus dem Mund. Noch immer drehte sich ein Rad des Fahrrads, sein leises Surren war das einzige Geraeusch in der Stille der leeren Strasse. Mitten auf der Strasse lag die Brille, mit zersprungenen Glaesern. Ein Schwarm Spatzen erhob sich fluegelschwirrend aus einem Waldstueck, flog hoch in den Himmel und kreiste dann ueber dem Apostolischen Palast. Auf dem sonnendurchgluehten Cour Napoléon standen Touristen in einer Warteschlange vor dem Eingang der Louvre-Pyramide. Im Buero des Konservators der AEgyptischen Abteilung des Louvre sass Théo St. Pierre an seinem Schreibtisch und untersuchte, den Kopf ueber eine Lupe gebeugt, die in eine Statuette von Seti I. geritzten Hieroglyphen. Mein lieber Freund, du magst ja ein tuechtiger Bildhauer gewesen sein, dachte er, aber als Schreiber kannst du einem leidtun. Er hob die Statuette an und drehte seinen Sessel zum Fenster um. Das Telefon klingelte. »Ja, das bin ich … Ein Polizeikommissar? … Weshalb?« »Ich dachte, der Vatikan haette Sie schon angerufen. Ich bin Kommissar Dominici vom Polizeipraesidium in Rom. Ich fuerchte, ich habe eine schlimme Nachricht fuer Sie. Ihr Bruder, Kardinal Vanko St. Pierre, ist heute Morgen in Castel Gandolfo bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Es tut mir sehr leid.« Théos Finger umklammerten den Griff der Lupe, bis die Knoechel sich weiss faerbten. »Wie … wie ist das passiert?« Die Worte des Kommissars verloren sich in einer Folge aus Bildern, die im Lauf der Zeit verblasst waren. Kopfspruenge ins Meer mit Vanko von den Klippen der Insel Kos, nah beim Haus der Grosseltern … Edmonds Wutausbruch, als Vanko zu Hause angekuendigt hatte, dass er ins Priesterseminar gehen wollte … Sein AErger und seine Enttaeuschung, weil er den Bruder nicht von dieser connerie abbringen konnte … Alexias geruehrte Traenen waehrend der Zeremonie im Petersdom, als Vanko die Kardinalswuerde verliehen wurde. »Commissario, ich weiss nicht, ob ich Ihnen folgen kann. Sie sagen, es koennte sich um etwas Schwerwiegenderes handeln als um einen Unfall?« »Das habe ich nicht gesagt. Im Moment beschraenke ich mich darauf, festzustellen, dass die Todesumstaende unklar sind.« »Haben Sie die Leute vom Heiligen Stuhl schon befragt?« Am anderen Ende folgte Schweigen. »Ja und nein.« »Ich bin momentan wirklich nicht zum Raetselraten aufgelegt.« »Der Heilige Stuhl geniesst das Recht der Exterritorialitaet, das den Papstpalast in Castel Gandolfo einschliesst. Die Beziehungen zu diesen Leuten sind alles andere als einfach.« »Wenn ich recht verstanden habe, ist mein Bruder auf italienischem Hoheitsgebiet gestorben.« »Natuerlich, und die Sache faellt in unseren Zustaendigkeitsbereich, doch ohne die Mitarbeit des Vatikans werden wir nicht weit kommen. Koennen Sie mir folgen?« »Ich nehme das erste Flugzeug nach Rom.« »Darum wollte ich Sie gerade bitten.« »Commissario … "« »Ja "« Wo ist der Leichnam meines Bruders jetzt?« »Im Leichenschauhaus des Krankenhauses von Marino, in den Castelli Romani, mit dem Auto eine Viertelstunde von Castel Gandolfo entfernt.« Théo legte auf, und seine Hand blieb lange auf dem Hoerer liegen. Er atmete tief durch, drehte sich um, oeffnete ein Schraenkchen und holte eine Flasche Delamain Réserve heraus. Er fuellte ein Cognacglas und trank es in einem Zug leer. Was war das Schlimmste am Tod fuer den, der zurueckblieb" Das Gefuehl, dass in einem verfehlten Leben etwas unwiederbringlich verloren war. Was? Dinge, die nicht gesagt und nicht getan worden waren. Beissend spuerte Théo den Formaldehydgeruch in der Kehle, und die Reflexe des Lampenlichts auf den weiss gekachelten Waenden blendeten ihn. An den Waenden sah er die lange Reihe der Stahltueren zu den Kuehlzellen. Sein Magen zog sich zusammen. Ein Krankenhausangestellter im gruenen Teflonkittel oeffnete eine der Tueren und liess eine Stahlliege heraus leiten. Der Koerper war mit einem gruenen Laken bedeckt, nur die Fuesse schauten heraus. Am grossen Zeh hing ein Identifikationskaertchen. Auf einen Wink des Kommissars hob der Angestellte einen Zipfel des Lakens. »Signor St. Pierre, erkennen Sie Ihren Bruder?«, fragte der Kommissar. Vankos Gesicht war mit Kratzern und blauen Flecken uebersaet. Obwohl man ihm den Kiefer mit einer Mullbinde fixiert hatte, war der Mund zu einem grotesken Laecheln geoeffnet. Théo wandte den Blick ab. Ihm war, als habe er den Geruch nach salziger Luft in der Nase, und vor seinen Augen zeichnete sich der Strand vor dem Haus in Juan-les-Pins ab, an einem Fruehlingstag vor vielen Jahren. Am Nachmittag waren er und Vanko am Hafen umhergestreift und hatten sich die Segelschiffe angeguckt, die aufs Meer hinausfuhren. Jetzt spazierten sie an der Wasserlinie des Privatstrands entlang und spielten mit Atticus, ihrem Mastiff, indem sie ihm ein Stoeckchen ins Wasser warfen. Vanko zog sich das Hemd aus und liess es in der Luft kreisen, dabei stakste er durch das Wasser und sang Paris Canaille wie Léo Ferré. Es war ihm vorgekommen, als wuerde die Sonne ueber dem Strand von Juan-les-Pins niemals untergehen. Ihr Licht blendete sie, das Wasser prickelte auf der Haut, und der salzige Geruch des Meeres trieb die Vorstellungskraft dazu, Unmoeglichem nachzujagen. »Signor St. Pierre …«, sagte der Kommissar. »Ja, ja, er ist es.« Nach einer endlosen Stille, in der man nur das Brummen der Kuehlanlage hoerte, gab Théo dem Angestellten einen zustimmenden Wink. Der liess das Laken sinken, schob den Leichnam wieder in die Zelle und schloss die Tuer. Vor dem Krankenhaus blieb Théo unter dem Bogengang stehen, sein Blick verlor sich in den Huegeln am Horizont. Er umklammerte das Gelaender, bis seine Hand schmerzte. »Ich wohne auf dem Land «, sagte der Kommissar, der hinter ihm stand. » Wenn ich wuetend bin, gehe ich raus, nehme eine Axt und hacke Holz.« »Ich spiele Geige.« Die Terrasse des Cafés – einer von bluehenden Kletterpflanzen beschatteten Patios am Hang des Huegels von Marino – oeffnete sich auf das sonnenbeschienene Tal zu Fuessen des Staedtchens. Einige Augenblicke lang nippten Théo und der Kommissar schweigend an ihrem Kaffee. Das einzige Geraeusch war das Zirpen der Grillen. Eine Dame in eng anliegenden, gelben Hosen kam auf ihren Tisch zu. »Pardon me«, sagte sie auf Englisch. »Sie sind der Schauspieler Jeremy Irons, nicht wahr ? Wuerden Sie mir bitte ein Autogramm geben? Per favore.« Théo laechelte gequaelt. Er konnte das nicht mehr ertragen. Entweder er oder Jeremy Irons mussten sich endlich zu einer Gesichtsoperation durchringen. »Ich wuerde Ihnen gerne eins geben, aber ich bin nicht Jeremy Irons.« Die Dame erging sich in Entschuldigungen und entfernte sich. »Tatsaechlich!«, rief der Kommissar aus. »Vor einiger Zeit habe ich im Fernsehen einen Film gesehen, ich glaube, er hiess Australien, da spielte dieser Schauspieler mit. Wissen Sie, dass Sie ihm aufs Haar gleichen, wenn man ein paar Jahre abzieht?« Théo seufzte. »Was haben Sie herausbekommen, Commissario?« Dominici tupfte sich den Schnauzbart ab. »Nicht viel.« Niemand hatte etwas gesehen. Der Zusammenstoss war sehr heftig gewesen, das Auto musste also ploetzlich und mit hoher Geschwindigkeit aufgetaucht sein. Es handelte sich um eine kleine Nebenstrasse, eine Einbahnstrasse, und um diese Zeit herrschte kein Verkehr; das Auto hatte genug Platz, um Vanko zu ueberholen, und das machte den Unfall verdaechtig. Der Kommissar hatte auch mit Ottolenghi und Vankos Fahrer gesprochen, war aber zu keinem Ergebnis gekommen. Nach Aussagen des Kardinals haette Vanko eine Unterredung mit dem Papst haben sollen, bei der es um die Erweiterungsarbeiten des Vatikanischen Geheimarchivs ging. Die Bitte des Kommissars, Vankos Zimmer betreten und seine persoenlichen Habseligkeiten durchsuchen zu duerfen, war abgelehnt worden. Der Sekretaer des Papstes hatte gesagt, ihrer Meinung nach handele es sich um fahrlaessige Toetung mit der ueblichen Fahrerflucht; fuer den Vatikan war der Fall abgeschlossen. »Was ueberzeugt Sie nicht an Ottolenghis Aussage?«, fragte Théo. »Ich bin seit dreissig Jahren Polizist, und die hier hat mich noch nie betrogen.« Der Kommissar tippte sich an die Nasenspitze. »Ich weiss nicht, warum Ihr Bruder mit dem Papst sprechen wollte, doch eines weiss ich sicher: Sie hatten nicht vor, ueber irgendwelche Erweiterungsarbeiten zu reden. Ottolenghi hat gelogen.« »Warum sind Sie sich da so sicher "« »Sobald ich aus dem Papstpalast heraus war, habe ich die Sirene aufs Dach gesetzt und bin in den Vatikan gerast, wo ich mit dem Praefekt des Archivs gesprochen habe. Als ich beilaeufig Erweiterungsarbeiten erwaehnt habe, hat er sehr erstaunt ausgesehen.« »Was ist dieser Ottolenghi fuer ein Mensch?« »Ottolenghi?« Der Kommissar grinste. »Im Vergleich zu ihm ist ein Tigerhai ein Zuckerpueppchen. Er ist nicht nur Praefekt der Glaubenskongregation, des einstigen Heiligen Offiziums, sondern auch ein ehemaliger Jesuit, was bedeutet, dass er noch die abscheulichste Schandtat als Gebot der Allerheiligsten Dreifaltigkeit ausgeben koennte.« »Und wenn ich versuche, mit ihm zu sprechen?« »Sie wuerden nur Ihre Zeit vertun.« »Ich koennte es beim Sekretaer des Papstes probieren.« »Das ist dasselbe.« »Und der Fahrer ? Er muss meinen Bruder gut gekannt haben. Sie werden auf der Fahrt doch ein paar Worte gewechselt haben.« »Ihr Bruder kam ihm auf der Fahrt nach Castel Gandolfo sehr angespannt vor. Er sagt, er habe andauernd Papiere aus einer schwarzen Aktentasche gezogen.« »Eine schwarze Aktentasche" Wo ist die geblieben?« »Ottolenghi hat sich gehuetet, mir etwas darueber zu sagen. Als ich ihn verhoert habe, wusste ich allerdings noch nichts von der Tasche.« »Warum bitten wir ihn nicht, sie uns zu zeigen?« »Was auch immer sie enthielt – glauben Sie wirklich, wir wuerden jetzt noch etwas darin finden?« Théo seufzte. »Welchen Eindruck hatten Sie von dem Fahrer?« »Ein anstaendiger Mensch, er schien Ihrem Bruder sehr zugetan.« »Dann wuerde er mit mir vielleicht offen sprechen.« »Verlassen Sie sich nicht zu sehr darauf.« »Es bleibt immer noch das Vatikanische Geheimarchiv.« »Darauf wollte ich gerade hinaus.« Dominici steckte eine Gitane in eine Spitze aus Elfenbein und zuendete die Zigarette mit einem Benzinfeuerzeug an. »Doch vorher muss ich Ihnen ein paar Fragen ueber Ihren Bruder stellen. Was fuer ein Mensch war er?« »Brueder erzaehlen einander nicht viel, und wir waren beide sehr von unserer Arbeit in Anspruch genommen.« Théos Blick wanderte ueber den Huegelkamm. Wer kann schon behaupten, dass er seine eigene Familie kennt? Und wer will sie ueberhaupt wirklich kennen? Tolstoi hatte geschrieben, alle gluecklichen Familien glichen einander, aber jede unglueckliche sei auf ihre besondere Art ungluecklich. Glueckliche Familien? Er schuettelte den Kopf. Ein Klischee aus der Werbung. »Der Charakterzug, der ihn am besten beschreibt, ist Rechtschaffenheit. Obwohl das heute laecherlich erscheinen mag. Vanko folgte immer seinem Gewissen.« »Bis zur Unbeugsamkeit?« »Wenn Sie wissen wollen, ob er wenig kompromissbereit war, ist die Antwort Ja.« »Als Kardinal-Archivar des Heiligen Stuhls muss Ihr Bruder von allen erdenklichen Geheimnissen gewusst haben, vor allem in Bezug auf die Kirchengeschichte …« »Ja, natuerlich. Woran denken Sie? Dass Vanko etwas so Gefaehrliches entdeckt hatte, dass jemand sich genoetigt fuehlte, ihn zum Schweigen zu bringen?« »Halten Sie das nicht auch fuer die wahrscheinlichste Hypothese, wenn wir fahrlaessige Toetung ausschliessen?« »Jemand aus der katholischen Kirche?« »Sind Sie katholisch?« »Griechisch-orthodox, aber ich erinnere mich nicht einmal mehr daran, wie eine Kirche von innen aussieht. Meine unangenehmste Erinnerung ist dieser Geruch nach Schimmel. Warum fragen Sie?« »Seit zweitausend Jahren waschen die Leute unter Michelangelos Kuppel ihre schmutzige Waesche im eigenen Haus«, sagte der Kommissar mit einem sarkastischen Laecheln. »Erinnern Sie sich nicht an den Tod von Johannes Paul I., Papst Luciani, 1978 und an den Skandal um Calvi? Der Vatikan steckte bis zum Hals mit drin, aber auch damals wurde alles vertuscht. Das Kirchenrecht verbietet die Autopsie eines Papstes, das sagt doch schon alles.« »Und selbst wenn es so waere, sind uns durch seine Exterritorialitaet die Haende gebunden, wenn ich Sie recht verstanden habe, oder?« »Mir sind die Haende gebunden, Ihnen nicht.« »Was wollen Sie damit sagen?« »Bei der Unterredung mit dem Praefekten des Archivs, dem wichtigsten Mitarbeiter Ihres Bruders, habe ich versucht herauszubekommen, womit der Kardinal sich in seinen letzten Lebensmonaten beschaeftigt hat. Was man mir geantwortet hat? Der Praefekt ist Jesuit, ausserdem hat er seinen Doktor der Theologie an der Paepstlichen Universitaet gemacht.« Es habe keinen Zweck weiterzumachen, denn die italienischen Behoerden haetten nicht die geringste Machtbefugnis innerhalb des Vatikans, so der Kommissar. Er koenne Vankos Mitarbeiter zwar aufs Polizeipraesidium vorladen, doch damit drohe er einen diplomatischen Zwischenfall mit dem Heiligen Stuhl zu provozieren, und es haette ohnehin zu nichts gefuehrt.Muehsam unterdrueckte Théo seinen Zorn. In Italien war der Vatikan unantastbar. »Wenn der Praefekt Ihnen nichts gesagt hat, verstehe ich nicht, warum er das bei mir tun sollte.« »Ich denke nicht an den Praefekten.« »Nein? An wen denn?« Dominici beugte sich zu Théo vor und vertraute ihm an, was er vorhatte. »Was sagen Sie dazu?« Die Lippen des Kommissars verzogen sich zu einem durchtriebenen Laecheln. »Wenn Sie kein Polizist waeren, haetten Sie General der Jesuiten oder ein perfekter Verbrecher werden koennen.« Der Kommissar zog an seiner Gitane, legte den Kopf in den Nacken und blies einen Rauchring aus. Die blaeulichen Kringel schwebten in die Hoehe und verloren sich in den violetten Blueten der Bougainvillea. 2. Am Empfang des Vatikanischen Geheimarchivs fragte Théo nach dem Praefekten. Er gab seine Tasche an der Garderobe ab und ging durch einen Metalldetektor. Ein hagerer, kahl geschorener Moench forderte ihn auf, ihm zu folgen. Sie betraten einen Fahrstuhl, der Ordensbruder steckte einen Schluessel in ein Schloss, und sie fuhren in die Kellergeschosse hinunter. Dort schritten sie durch einen langen Gang, vorbei an einer endlosen Folge von Regalreihen, in denen, dicht aneinandergedraengt, Sammelordner mit dem Vatikanwappen standen. Der Moench erklaerte, sie befaenden sich hier zwei Kellergeschosse tief unter dem Cortile della Pigna in einem Bunker aus Stahlbeton, wo dreiundvierzig Kilometer Regale Millionen jahrhundertealter Texte enthielten. Er klopfte an eine Tuer, nannte Théos Namen und forderte ihn auf einzutreten. Ein hoelzernes Kruzifix und ein Portraet des polnischen Papstes beherrschten den Raum. Auf dem Schreibtisch waren alle Gegenstaende streng geometrisch angeordnet. Der Praefekt ergriff Théos Haende und blickte ihn an. Seine Augen waren so blau wie ein Gebirgssee. Mit leiser Stimme beteuerte er, wie bestuerzt er ueber den Tod »Seiner Eminenz, des Kardinals St. Pierre« sei. Théo versuchte, die Rede auf Vankos Forschungsarbeit zu bringen, doch der Praefekt wich seinen Fragen mit dem dialektischen Geschick eines Sophisten aus. Auch seine Bitte um Vankos Ledertasche prallte an einer Mauer aus passivem Widerstand ab. Die Tasche, erklaerte der Praefekt, sei Eigentum des Archivs, einschliesslich ihres Inhalts – alles Akten, die mit der Arbeit des Kardinals zusammenhingen. »Apropos, ich haette da noch eine Bitte an Sie«, sagte der Praefekt vorsichtig. »Ja, bitte, Monsignore.« »Sie haben unter den Sachen Ihres Bruders nicht zufaellig etwas gefunden, was dem Archiv gehoert?« »Ich bin noch nicht in der Wohnung meines Bruders gewesen. Woran denken Sie?« »Ach, an nichts Bestimmtes. Alte Papiere, wer weiss, vielleicht das eine oder andere Pergament …« Die Blicke des Praefekten forschten in Théos Gesicht. »Sie muessen wissen, dass Ihr Bruder Zugang zu aeusserst wichtigen Dokumenten hatte. Er haette welche mitnehmen koennen, um sie abends bei sich zu Hause in aller Ruhe zu studieren.« »Seien Sie unbesorgt«, sagte Théo mit einem unschuldigen Laecheln. »Wenn ich etwas finden sollte, werde ich Sie benachrichtigen.« »Sehr gut.« Der Praefekt warf einen Blick auf die Uhr. »Und versaeumen Sie nicht, uns zu besuchen, wenn Sie wieder nach Rom kommen.« Kaum hatte Théo das Buero verlassen, hob der Praefekt den Hoerer und waehlte eine Nummer. »Er ist soeben gegangen«, sagte er auf Franzoesisch. »Und?«, erwiderte die Stimme am anderen Ende. »Meiner Meinung nach weiss er nichts.« »Mon cher ami, ist es nicht ein wenig zu frueh, um die Absolution zu erteilen?« Als ihm der Priester auf der anderen Seite des Garderobentisches seine Sachen aushaendigte, schlug Théo sich ploetzlich an die Stirn. »Oh, wie dumm von mir !« Der Priester sah ihn fragend an. »Ich habe unter den Sachen meines Bruders ein Buch gefunden, in das auf der Innenseite der Name eines Geistlichen geschrieben war. Ich wollte es mitbringen, habe es aber leider vergessen.« »Erinnern Sie sich an den Namen?« »Pater … Pater … meine Guete, wie zerstreut ich bin. Aber beim Durchblaettern habe ich Notizen gefunden, und das war nicht die Handschrift meines Bruders. Der Eigentuemer muss jemand sein, der ihm bei seinen Forschungen half.« Auf das Gesicht des Priesters trat ein verstaendnisvolles Laecheln. »Dann kann es niemand anderes sein als Pater Ascanio Cerri.« »Ascanio Cerri! Genau, das war der Name.« »Soll ich ihn fuer Sie anrufen?« Der Priester streckte die Hand nach dem Telefon aus. »Nein, vielen Dank.« Théo schaute auf die Uhr an der Wand. »Wenn Sie mir seine Durchwahlnummer geben, rufe ich ihn spaeter vom Hotel aus an.« Der Priester schrieb eine Nummer auf einen Zettel und reichte ihn Théo. Dieser verliess den Cortile del Belvedere, ging durch die Porta Angelica und trat in die erste Telefonzelle, die er fand. »Pater Ascanio Cerri?« »Ja?« Auf der Piazza del Laterano angekommen, sah Théo zum Dach der Basilika San Giovanni hinauf. Die Statuen der Heiligen blickten muerrisch von oben auf ihn herab. Heilige lachen nie. Sein Blick schweifte ueber den Platz und blieb an der Statue des heiligen Franziskus von Assisi haengen. Ein Moench mit weisser Kutte und dem dunklen Skapulier der Dominikaner sass auf einer Bank und blaetterte in einem Buch. Als er Pater Ascanio die Hand drueckte, in die hellen Augen und das von einem Schopf blonder Haare umrahmte Gesicht sah, verstand er, warum Vanko diesem Moench vertraut hatte. Er setzte sich neben ihn und erzaehlte ihm alles, was er von Dominici erfahren hatte. »Ein vorsaetzlicher Mord?«, sagte Pater Ascanio. »Das ist doch verrueckt … Wer haette Grund zu einer solchen Tat haben koennen?« »Welche Aufgaben haben Sie im Archiv, Pater?« »Ich bin einer der langjaehrig beschaeftigten Forscher.« »Haben Sie gern mit meinem Bruder zusammengearbeitet?« »Sehr gern. Der Kardinal ueberliess nichts dem Zufall.« »Wer beauftragt Sie mit Forschungsprojekten?« »Nun … die Kurie, die Dioezesen und die Ordensgemeinschaften.« »Gab es darueber hinaus nicht auch andere Projekte "« »Was meinen Sie damit?« »Projekte, die von meinem Bruder stammten und geheim gehalten wurden.« Pater Ascanio wandte den Blick ab. »Ich bin gesetzlich und moralisch zum Schweigen verpflichtet.« Théo stiess ihn mit dem Finger an. »Und mein Bruder" Finden Sie nicht, dass Sie auch ihm gegenueber eine Verpflichtung haben?« Pater Ascanio seufzte. »Ja, ueber einige Projekte wurde Stillschweigen bewahrt, aber das kam selten vor.« »Wurde in juengster Zeit an einem solchen Projekt gearbeitet?« Pater Ascanio presste die Lippen aufeinander und nickte. »Wenn ueber dieses Projekt etwas durchgesickert waere«, fragte Théo, »haetten Ihre Entdeckungen dann ein Motiv fuer einen Mord darstellen koennen? UEberlegen Sie in Ruhe.« Der Ordensbruder nestelte an seinem Brustkreuz. »Ich verstehe gar nicht, warum ich daran nicht gleich gedacht habe … Ja, ich fuerchte, das stimmt.« »Worum handelte es sich?« »Um eine Untersuchung des Buches Exodus. Wir hatten Dokumente entdeckt, die darauf hinzuweisen schienen, dass … nun, dass das, was in der Bibel steht, eine literarisch ausgeschmueckte Version der historischen Realitaet ist.« »Sie sprechen von der Flucht aus AEgypten, vom Wunder des Durchzugs durch das Rote Meer … also von der ganzen Geschichte?« Pater Ascanio nickte. »Warum haette diese Entdeckung ein Motiv dafuer sein koennen, meinen Bruder umzubringen?« »Weil sie dem Alten und auch dem Neuen Testament jede Glaubwuerdigkeit genommen haette.« »Also ein toedlicher Schlag fuer das Christentum und das Judentum«, murmelte Théo, als wuerde er laut denken. »Auch fuer den Islam. Moses ist auch fuer den Koran ein Prophet Gottes.« »Sie sprachen von Dokumenten. Was sind das fuer Quellen? Woher stammen sie?« »Alles begann mit einer Pergamenthandschrift von Marsilio Ficino, einem Brief an Cosimo de´ Medici vom 27. August 1463.« Pater Ascanio erinnerte ihn daran, wer Ficino war. Gegen Ende des Jahres 1462 brachte Leonardo da Pistoia, ein Moench, der fuer Cosimo de´ Medici im Orient nach alten Handschriften suchte, aus Mazedonien die auf Griechisch verfasste Abschrift einer Sammlung von vierzehn kleinen Buechern des sagenumwobenen Corpus Hermeticum mit. Cosimo war so begierig auf deren Inhalt, dass er Ficino befahl, seine UEbersetzung der platonischen Dialoge zu unterbrechen und sofort damit zu beginnen, das Corpus aus dem Griechischen ins Lateinische zu uebersetzen. Ficino vollendete die UEbersetzung im April 1463. Diese vierzehn Buechlein waren im zweiten Jahrhundert nach Christus im aegyptischen Alexandria entstanden. Doch sogar Clemens von Alexandria, einer der Kirchenvaeter, hatte geschrieben, dass sie sich auf eine weit aeltere Quelle bezogen, eine aegyptische Quelle, von der es hiess, sie umfasse zweiundvierzig Buecher und enthalte die geheimen Rituale der aegyptischen Priester. »Marsilio Ficino war so fasziniert von dem Corpus, dass er Recherchen anstellte, um etwas ueber dessen Urspruenge herauszufinden. Schliesslich fasste er das Ergebnis seiner Entdeckungen in dem Pergament von 1463 zusammen.« »Was steht in dem Pergament?« Théo packte den Moench am Arm. »Auf welche Quellen bezog es sich?« Pater Ascanio entwand sich seinem Griff. »Ich habe Ihnen schon gesagt, dass der Brief die Glaubwuerdigkeit der Bibel gefaehrdet, und das ist die Antwort auf Ihre Frage nach einem Motiv. Bitte fragen Sie nicht weiter.« »Sagen Sie mir wenigstens, ob Sie die Dokumente gefunden haben, die in dem Pergament erwaehnt werden.« »Nur einen Teil.« »Und bestaetigen Sie Ficinos These?« »Sie zeigen, dass Ficino keine erfundenen Geschichten erzaehlt. Ich bin ueberzeugt, dass die fehlenden Dokumente irgendwo existieren.« » Wer hat das Pergament gefunden?« »Der Kardinal.« »Wie ist es moeglich, dass ein so bedeutendes Pergament unbeachtet blieb?« »Sie wissen vielleicht nicht, dass die Dokumente des Vatikanischen Geheimarchivs gut fuenfundachtzig Regalkilometer einnehmen.« Die Archive waren auf die Raeume unter dem Cortile del Belvedere und dem Cortile della Pigna und die sogenannten soffitoni verteilt, die Dachboeden ueber der Galerie der Geographischen Karten in den Vatikanischen Museen. Es war also nicht verwunderlich, dass es noch immer nicht katalogisierte Dokumente gab, deren Inhalt viele UEberraschungen ueber die wahre Geschichte des Christentums bergen konnte. »Hat mein Bruder dieses Pergament rein zufaellig gefunden?« »Na ja, nicht ganz. Zwar sind viele Dokumente noch nicht katalogisiert, doch sie koennen anhand ihrer Sprache, ihres Themas und ihres Materials – Papier, Pergament oder Papyrus – in bestimmten Bereichen des Archivs vorlaeufig gelagert werden.« Es stimmte nicht, was die Presse gemeldet hatte, naemlich dass das gesamte Archiv fuer Forscher geoeffnet worden sei, und es stimmte auch nicht, dass die aeltesten Dokumente aus dem Jahr 1000 stammten. Einige Abteilungen des Archivs blieben weiterhin geheim, vor allem jene, die heikle geschichtliche Phasen oder Themen betrafen, wie die ersten Jahrhunderte der Kirche, die Inquisition oder die Beziehungen zwischen der Nuntiatur in Berlin und ***deutschland. »Im unterirdischen Bunker des Cortile della Pigna werden die vertraulichsten Dokumente aufbewahrt. Zu einigen Raeumen haben nur vier Personen Zutritt: der Papst, der Praefekt der Glaubenskongregation, der Kardinal-Archivar und der Praefekt des Archivs.« »Wo befinden sich die Dokumente, die Sie entdeckt haben, jetzt "« »Sie sind verschwunden.« »Verschwunden?« »Wir hatten sie an einem sicheren Ort aufbewahrt. Als ich vom Tod des Kardinals erfuhr, habe ich das Versteck sofort ueberprueft, und die Dokumente waren nicht mehr da.« »Erinnern Sie sich noch, wann Sie die Papiere zum letzten Mal gesehen haben?« »Drei Tage, bevor Ihr Bruder nach Castel Gandolfo fuhr. Eines weiss ich jedenfalls gewiss: Ihr Bruder hat nur Fotokopien mitgenommen – welche, weiss ich nicht –, und ich kann Ihnen auch den Grund nennen.« An Vankos Todestag hatte das Archiv am spaeten Vormittag ungewoehnlichen Besuch bekommen: Kardinal Ottolenghi in Begleitung von Monsignore Guzman, dem Generalpraelat des Opus Dei, und eines Numerariers, eines ortsansaessigen Mitglieds des Opus. Die drei hatten sich im Buero des Praefekten eingeschlossen. Dann waren sie direkt in Vankos Arbeitszimmer gegangen, hatten die Tuer verschlossen und waren ueber eine Stunde dort geblieben. »Waren Sie schon in der Wohnung Ihres Bruders?«, fragte Pater Ascanio. »Nein, warum?« »Die Wohnung des Kardinals liegt in der Via del Pellegrino, direkt gegenueber der Druckerei des ›Osservatore Romano‹.« Heute Morgen, so Pater Ascanio, habe der Vizepraefekt des Archivs, ebenfalls ein enger Mitarbeiter von Vanko, ihm eine vertrauliche Mitteilung gemacht. Am Abend zuvor war der Vizepr.
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9783492981040 - Oscar Caplan: Curia - Thriller
Oscar Caplan

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Als der brillante Ägyptologe Théo St. Pierre vom Tod seines Bruders erfährt, begibt er sich auf eine lebensbedrohliche Spurensuche. Denn der war Kardinal im Vatikan und kurz vor seiner Ermordung in den Besitz eines antiken Pergaments gelangt - eines Pergaments, dessen brisanter Inhalt die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern würde. Sofort hat Théo die verschiedensten Geheimorganisationen an den Fersen, darunter den Opus Dei und die ominöse Bilderberg-Group. Es beginnt eine Hetzjagd quer durch Europa und bis in die saudi-arabische Wüste ... Oscar Caplan studierte Chemie in Bologna und Wirtschaft an der Columbia University in New York. Er arbeitete als Investmentbanker in London, Mailand und New York, war kaufmännischer Geschäftsführer einer internationalen Unternehmensgruppe in Zürich und gründete eine Kosmetikfirma in Neuseeland. Er lebt abwechselnd in England und Frankreich. »Curia« ist sein erster Roman.
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Als der brillante Ägyptologe Théo St. Pierre vom Tod seines Bruders erfährt, begibt er sich auf eine lebensbedrohliche Spurensuche. Denn der war Kardinal im Vatikan und kurz vor seiner Ermordung in den Besitz eines antiken Pergaments gelangt eines Pergaments, dessen brisanter Inhalt die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern würde. Sofort hat Théo die verschiedensten Geheimorganisationen an den Fersen, darunter den Opus Dei und die ominöse Bilderberg-Group. Es beginnt eine Hetzjagd quer durch Europa und bis in die saudi-arabische Wüste … 2011, 704 Seiten, Deutsch.
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2011, 704 Seiten, Deutsch, Als der brillante Ägyptologe Théo St. Pierre vom Tod seines Bruders erfährt, begibt er sich auf eine lebensbedrohliche Spurensuche. Denn der war Kardinal im Vatikan und kurz vor seiner Ermordung in den Besitz eines antiken Pergaments gelangt eines Pergaments, dessen brisanter Inhalt die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern würde. Sofort hat Théo die verschiedensten Geheimorganisationen an den Fersen, darunter den Opus Dei und die ominöse Bilderberg-Group. Es beginnt eine Hetzjagd quer durch Europa und bis in die saudi-arabische Wüste.
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Als der brillante Ägyptologe Théo St. Pierre vom Tod seines Bruders erfährt, begibt er sich auf eine lebensbedrohliche Spurensuche. Denn der war Kardinal im Vatikan und kurz vor seiner Ermordung in den Besitz eines antiken Pergaments gelangt eines Pergaments, dessen brisanter Inhalt die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern würde. Sofort hat Théo die verschiedensten Geheimorganisationen an den Fersen, darunter den Opus Dei und die ominöse Bilderberg-Group. Es beginnt eine Hetzjagd quer durch Europa und bis in die saudi-arabische Wüste &#x85.
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Oscar Caplan, Annette Kopetzki

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Als der brillante Ägyptologe Théo St. Pierre vom Tod seines Bruders erfährt, begibt er sich auf eine lebensbedrohliche Spurensuche. Denn der war Kardinal im Vatikan und kurz vor seiner Ermordung in den Besitz eines antiken Pergaments gelangt – eines Pergaments, dessen brisanter Inhalt die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern würde. Sofort hat Théo die verschiedensten Geheimorganisationen an den Fersen, darunter den Opus Dei und die ominöse Bilderberg-Group. Es beginnt eine Hetzjagd quer durch Europa und bis in die saudi-arabische Wüste …, Kindle Edition, Format: Kindle eBook, Label: Piper ebooks, Piper ebooks, Produktgruppe: eBooks, Publiziert: 2011-04-01, Freigegeben: 2011-04-01, Studio: Piper ebooks, Verkaufsrang: 138168.
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9783492951579 - Caplan, Oscar: Curia
Caplan, Oscar

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