Verwerfungen in der Einheit. Geschichten von Nation und Familie um 1840., Heinrich Heine, Annette von Droste-Hülshoff, Jeremias Gotthelf, Georg Gottfried Gervinius, Friedrich Schlegel.
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Die Schaffung von Einheit ist die wichtigste Aufgabe von Nationenbildungen. Dazu gehört die Konstruktion einer gemeinsamen Geschichte, gehören Herkunftsszenarien und Gründungsväter. Die abstrakte nationale Einheit wird auf diese Weise als familiäre darstellbar. Irritieren muss, dass zur Zeit nationaler Einheitsbestrebungen im deutschsprachigen Raum des 19. Jahrhunderts in der Literatur eine gegenstrebige Bewegung zu beobachten ist: Zugehörigkeiten verwirren sich, in Familiengeschichten herrscht Unklarheit über die richtige Herkunft. Esther Kilchmann geht diesem Widerspruch nach und konfrontiert Texte von Heine, von Droste-Hülshoff und Gotthelf mit den Narrativen der sich eben etablierenden national-historischen Wissenschaften, v.A. der Germanistik.

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Paderborn , München, Fink, 203 S. Broschiert. Gebraucht, aber gut erhalten. - Am Anfang dieser Untersuchung steht eine Irritation: Während um 1840 im deutschsprachigen Raum nationale Einheitsbewegungen an Dynamik gewinnen und das bürgerliche "Heim" zu einem zentralen Ideologem wird, erscheint in literarischen Texten ebenjener Jahre häuslich-familiäre ebenso wie nationale Einheit als eine geradezu konstitutiv nicht geheure. Diese Beobachtung widerspricht dem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablierten Konzept der "Nationalliteratur", demzufolge Literatur sprachlich-geistige Einheit garantiert und so die Forderung nach politisch-staatlicher Einheit kulturell begründet. Hauptakteure dieses Diskurses sind die ersten Vertreter einer neuen national-historisch argumentierenden Disziplin, für die Jacob Grimm 1846 den programmatischen Sammelbegriff "Germanisten" prägt.` Ihre Narrative von Einheit und Herkunft der Nation sollen im Folgenden zu literarischen Einheits- und Herkunftsszenarien in Beziehung gesetzt werden. Die Erzählung nationaler Geschichte als Familiengeschichte wird so zusammen mit Familiengeschichten zu lesen sein, die vor dem Hintergrund der Nationsbildung erzählt werden. Meine These ist, dass in den literarischen Texten ebenjene Uneinheiten und Lücken zum Vorschein kommen, die die Literaturgeschichte zum Zwecke der Einheitsherstellung narrativ überdeckte. Dabei wird nicht zuletzt eine weitere Uneinheit zu Tage gefördert; jene von Literatur und ihrer Deutungsinstanz, der Germanistik. Ziel der vorliegenden Schrift ist es, den Untersuchungen über den - zweifellos beträchtlichen - Anteil der Literatur am nationalen Einigungsprozess in Deutschland eine Studie zur Seite zu stellen, die zeigt, wie im Medium der Literatur die Verwerfungen im Narrativ nationaler Einheit seismographisch aufgezeichnet werden. Eben das, was von den Germanisten zum nationalen Gut stilisiert wird, die Literatur, ist das Medium, in dem die Verwerfungen im Prozess der Nationsbildung am deutlichsten ablesbar werden. ISBN 9783770547616Literaturwissenschaft [Heine, Heinrich / De l`Allemagne] 2009.

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